Haeckel, Carl Gottlob

Carl Gottlob Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin, nach 4. Mai 1861]

Lieber Ernst!

Bevollmächtige nur den Kreisgerichtsdirektor Jacobi zu Hamm zur Abgabe Deiner Stimme a in dem in der Inlage bezeichneten Termin vom 5. Juni, laß aber die Stelle der Vollmacht, wo der Name des Bevollmächtigten eingeschrieben wird, offen, damit Jacobi nöthigenfalls einen andern als sich hinein schreiben kann, weil ein Mitglied nur eine gewiße Anzahl von Aktien vertreten kann.

Es freut mich, daß es Dir in Jena wohl gefällt. Ich wünsche Dir nur bald wärmere Witterung, bis jetzt haben wir hier immer noch rauhen kalten Wind gehabt. Mit Mutter geht es recht gut, sie geht fast täglich etwas aus. Wir haben uns nun hier recht gut eingewohnt und es gefällt uns sehr in unserm neuen Quartier, wo wir noch dazu die Verwandten so nahe haben.

Heute oder morgen über 8 Tage erwarten wir die Freienwalder. Minchen und Anna sind gestern abgereist. Ich lese jetzt meist nur Zeitungen, da die täglichen Kammer Verhandlungen Gegenstände berühren, die mich intereßiren. Die Grundsteuer ist nun durchgesetzt und die Junker müßen v. 1 Jan. 1865 ab zahlen. Heinrich hat sein Examen nun überstanden und ist gut durchgekommen. Sonst mache ich Nachmittags hin und wieder Besuche bei den bekannten und Vormittags gehe ich im Thiergarten nach dem Frühstük. Vorgestern war ich in Potsdam, um Frau v. Bassewitz zu besuchen. Sie kommt zu den Feiertagen nach Jena, wo ihr im Institut befindlicher Enkel v. Alvensleben confirmirt wird. Du mußt der || Frau v. Bassewitz durchaus einen Besuch machen, da sie sich für Dich intereßirt, auch Deinen Aufsatz über Sicilien gelesen hat. Du machst wohl fleißig Promenaden in der schönen Gegend. Ich bin doch mit den hiesigen Umgebungen, obwohl sie eigentlich nicht schön zu nennen sind, doch zufrieden. Der Thiergarten, die Spatziergänge am Kanal und die schönen Straßen sind mir sehr angenehm. Wir haben hier ungemein rauhes Wetter gehabt und vom Frühling noch wenig verspürt. Die Kammern werden vor Anfang künftigen Monats nicht geschloßen werden. Nun kommt erst das Militärbudget an die Reihe, nachdem die Grundsteuer durchgegangen. Die Bekannten laßen Dich herzlich grüßen und fragen fleißig nach Dir. Für heute genug.

Dein Alter

Haekel

a gestr.: auf;

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
1861.05.04 [danach]
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 36041
ID
36041