Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 18. Juni 1896

Potsdam 18 Juni 96.

Lieber Bruder!

Den vollbesetzten Tagen, die Du hier zugebracht hast, ist nun für Dich wieder eine ruhigere Zeit gefolgt, aber hoffentlich hat Dir die Ausspannung gut gethan u. Du erträgst jetzt die heiße Periode, die anscheinend recht anhaltend ist, besser. Wie geht es denn Agnes bei solchem Wetter? –

Ich hatte, als Du abreistest, auch noch 4 Reisetage, erst zu einer Missionsversammlung in Guben, dann 2 Tage in Radewitsch. Ernst u. den Seinigen ging es gut. Sie sind fleißig, aber ihre Zukunft sehe ich doch recht trüb an. Ich glaube nicht, daß sie bei dem geringen Ertrage des Grundstücks u. unter mancherlei ungünstigen Verhältnissen dort auf einen grünen Zweig kommen werden. Mir liegt sein Schicksal schwer im Sinne, ich fürchte es kommt so, wie ich es mir von vornherein nach dem un-||glücklichen Brief gedacht habe: er wird mir und meinen Kindern schließlich sammt seiner Familie zur Last fallen und nach Veräußerung des Weinbergs ein anderweites Unterkommen sich suchen müssen.

– Am 3. Juni war ich wieder in Berlin zu Helene Jacobi’s Geburtstag, dem 70sten, eingeladen. –

Nächste Woche gehe ich vom 23-25st nach Prenzlau u. Angermünde, Herms zu besuchen u. in Angermünde einer Gustav-Adolf Versammlung beizuwohnen zu der ich von hier deputirt bin.

Die letzten Tage waren drückend heiß. Gestern traf ich in Hundekehle mit Georg’s aus Berlin zusammen. Er kann mit seinem Fuß schon herumhumpeln u. soll ihn üben. Tante Bertha kam zum Kaffe auch hin, die immer mobile. Wir hatten alle viel Spaß durch den kleinen Bernhard, der recht munter ist. ||

Nun Geschäftliches.

Ich habe gerechnet u. festgestellt, daß nach Eingang aller Zinsen für Dich ein Bestand von 2900 Mk. Anfang Juli zu erwarten ist. Wie viel soll ich Dir schicken? – Die Amerikaner habe ich alle verkauft u. Dir dafür 3 % Consol’s und landschaftliche Central Pfandbriefe gekauft.

– Grüße mir die Deinen u. meinen Heinz, dem ich nun baldige Entscheidung betreffs Danzig’s wünsche. Die Conkurrenz des Bergmann’schen ersten Assistenten, von der ich gehört, scheint mir nicht bedenklich.

Mit herzlichen Grüßen an die Deinen

Dein treuer Bruder

Karl

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
18.06.1896
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35350
ID
35350