Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 16. Oktober 1869
P. 16/10 69.
Lieber Ernst!
Lies doch im Magazin für die Literatur des Auslands No 25/1869. ‒ einen Dich vertheidigenden Aufsatz über das Verhältniß der Philosophie zur Naturwissenschaft von L. B. F. (wer ist das? jedenfalls ein Berliner Freund oder Gesinnungsgenosse von Dir). Er knüpft an Deine Schrift über Artentheilung an u. dringt auf eifriges Studium der Naturwissenschaft bei den Philosophen und umgekehrt der Philosophie bei den Naturforschern. Dabei bekennt er sich zum idealistischen Standpunkt und vertheidigt die mir längst eigne Ansicht, daß die Darwin’sche Theorie sich sehr wohl mit einer idealistischen Weltanschauung vertrage.
In demselben Heft ist auch eine kleine Schrift von Dr. G. Jaeger, über die Stellung der Darwin’schen Theorie zu Moral und Religion angezeigt, in der die Ansicht begründet wird, daß Darwin’s Lehre sich sehr wohl mit positiver Religion vertrage (ct. S. 367 Spalte 1)
Eodem Nachmittags
Eben, lieber Junge, hatte ich obige Notiz heut früh gemacht, als ich Deine Zeilen vom gestrigen Tage erhielt. Ich beeile mich, Dir die gewünschten Schriftstücke zu senden, u. freue mich, daß ich sie nun mit Clara zusammen balda besser u. bequemer gedruckt werde lesen können. Im Harz hatte ich sie schon mit; wir kamen aber – natürlich! – nicht dazu; nur in Hermann und Dorothea haben [wir] so manchen Gesang, der Anklänge an unsere eigne Stimmung enthielt, wieder gelesen. ||
Die Notiz über die Verbreitung Deiner „Schöpfungsgeschichte“ in Nord Amerika hat mich recht ergötzt. Viele Grüße von Claerchen und Deinem
Karl.
an Dich, Agnes und Walter.
Heute sind wir zum ersten Male (bei Hoffmanns) in Gesellschaft aus.
a eingef.: bald