Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 27.-28. August 1869

Potsdam d. 27. 8. 69. Abends

Lieber Ernst!

Hoffentlich bist Du nun schon glücklich in Bergen angelangt, wenn dieser Brief dorthin kommt. Ich passe jetzt alle Tage auf die von mir hiera Bezahlte Rückantwort per Draht, die mir Deine Ankunft melden soll. (Sollte sie aus irgend einem Grunde nicht expedirt werden, so benutze sie doch später, um die Abreise mir zu telegraphiren. Doch muß es Hr. Thesen thun, da an ihn die Depesche von mir gerichtet war). – Heute früh wurde ich endlich durch Mutters Brief aus der Sorge um Dich gerissen, die erste (Bleistift-) Notiz von Deiner Reise durch Finnenland ist gestern von Jena aus zu den Aeltern gelangt, nachdem ich, etwa gleichzeitig, die Depesche von hier aus an Herrn Thesen hatte abgehen lassen.

Aber ein leichtsinniger Bruder bist Du doch. Reistest da im Lande 14 Tage-3 Wochen umher und läßt Deine Schwämme in Ruhe. Was soll aus unsb denn werden?? Zum 18t September mußt Du zurück sein; da kann ich Dir nun mal nicht helfen. Du kannst nicht verlangen, daß das ungeduldige Brautpaar Deinetwegen die Hochzeit aufschiebt. Es wird die letzte Woche so schon ungemüthlich genug für Klärchen c werden, denn die Sachen kommen schon am 8t September herüber und die ganze hiesige Einrichtung wird in den nächsten Tagen darauf hier bewirkt. Aufgeboten werden wir übermorgen zum ersten Male. Das Leben ist für uns beide recht unruhig. Vorige Woche war ich am Sonntag mit Clärchen in Freienwalde und Sonnenberg – per Extrazug – am Montag Abend bei Clärchen zu kleiner Gesellschaftd, am Mittwoch Besuche machen u. Abend bei Pr. Rohde’s am Donnerstag Abends kleines allerliebstes Familienfest bei Onkel Müller, Sonntag Mittag Clärchen mit Onkel bei mir hier; Tags vorher Heinrich hier um den Erbrezeß (Auseinandersetzung mit den Kindern) ab-||zuschließen; diesene Mittwoch ich wieder drüben zu Besuchen, Besorgungen u. Abendgesellschaft bei Prediger Noel (Prediger-Kränzchen, an dem auch alte Lisco’s früher Theil nahmen). So geht es in einem Fort. – Wir sind recht, recht glücklich, lieber Bruder, freuen uns aber doch noch viel mehr auf das dauernde Zusammenleben u. das Aufhören des jetzigen provisorischen Zustandes.

− Eben habe ich mir die Schiffskurse angesehen. Wie willst Du denn zurückkommen? Hast Du nicht die rascheste Rückfahrt mit dem mit dem direkt von Christiania nach Kiel an jedem Donnerstag 9 Uhr Vormittags abgehenden Postdampfschiffe? Ueberleg Dir das mal. Hoffentlich höre ich nun bald mehr von Dir. Diesen Brief lasse ich bis morgen Mittag liegen, wo Claerchen zu einer Partie nach Sacrow herüberkommt, damit sie noch etwas hinzuschreiben kann.

Ade herzlichen Gruß

Dein

Karl

Eben den Brief beendet habend, bekomme ich die Depesche von Thesen u. hoffe nun um so mehr, daß Du zum 18t zurück bist. Aber erkundige Dich doch, ob die Rückantwort auchf umsonst aufgegeben, den ich hatte sie hier schon bezahlt! – g

D. 28/8 Heute versicherte man mir auf dem Telegraphen-Büreau, die Rückantwort sei nur hier, nicht in Bergen bezahlt. Ist es wahr? ‒ h

Sehr erfreut, daß es Dir gut geht. Herzl. Gruß

Dein Karl 28/8 Nachm.i

[Nachschrift von Clara Lisco]

Lieber Schwager!

Gestern schrieb ich zu Mutters Zeilen einen Gruß an Dich zu, heut stehe ich hier in Potsdam am Pult meines Karl um Dir die sehr wichtige Nachricht mitzutheilen, daß ich die Nacht gut geschlafen, soeben sehr glücklich hier in Potsdam angelangt bin und mit Karl noch ebensosehr den Wunsch habe daß Du zum 18t September pünktlich hier bist, wie gestern.

Mutter ist durch Deine Briefe wesentlich beruhigt und wird es gewiß immer mehr sein, je öfter Du schreibst, also wenn Du Dir eine ruhige Viertelstunde abmüßigen kannst, schreibe lieber einmal öfter als Du es für nöthig findest. Die Kinder rufen drängen u. bitten zum Essen, so leb denn wohl, lieber Ernst bleibe gesund und frohen Muthes und erfreue uns bald durch Deine fröhliche Rückkehr. In herzlicher Liebe

Deine

Schwägerin Klara.

d. 28.8.69.

a eingef.: von mir hier; b eingef.: uns; c gestr.: hier; d eingef.: zu kleiner Gesellschaft; e eingef.: diesen; f eingef.: auch; g weiter am Rand v. S. 1: Eben den Brief...hier schon bezahlt! –; h weiter am Rand v. S. 2: D. 28/8 Heute versicherte man...Ist es wahr? ‒; i weiter am Rand v. S. 3: Sehr erfreut, daß...Dein Karl 28/8 Nachm.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
28.08.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 34995
ID
34995