Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Freienwalde, 15. Juli 1856

Freienwalde 15 Juli 56.

Lieber Ernst.

Gestern kam gleichzeitig mit dem Deinigen ein neuer Brief aus Eilsen über Berlin, den ich Dir sofort beilege. Dr. Moeller hat hiernach nun auch angefangen, auf das Fieber loszukuriren. Ob nun trotzdem die Aeltern des dortigen Klimas wegen, baldigst von dort fortzukommen suchen müssen, habe ich sie in einem heute an sie abgehenden Briefe dringend gebeten reiflich zu erwägen. Ich spracha heute unsern Hausarzt über diesen Fall; der meinte, es herrschten, nach den Zeitungen und Zeitschriften, grade in diesem Sommer fast überall, auch da, wo sonst nicht die Örtlichkeit allein schon dazu Anlaß gebe, intermittirende Fieber, als eine wahrscheinliche Folge des so auffallend verwirrenden Wetters.– Wir haben es hier in den letzten 8 Tagen doch wenigstens warm gehabt, wenn auch kein Tag ohne Regen blieb. Hoffentlich wirkt auch auf Mutters Zustand diese Veränderung heilsam. Ich habe den Aeltern vorgeschlagen, falls sie nicht dort bleiben, nach Bonn zu gehen, das sie in Einem Tage erreichen können. Zu Aurich konnte ich nicht rathen; dort mag bei der Nähe der See und den vielen Nebeln auch eher eine Fieberluft herrschen. Hoffentlich geht es besser, als Du nach Deinem gestrigem Briefe fürchtest, lieber Bruder und Mutter ist hoffentlich in zuverlässigeren Händen, als Du vergewisest. Das Fieber ist vielleicht || von vorherein nicht so entschieden aufgetreten, daß der Arzt es unzweifelhaft als ein reines kaltes Fieber behandeln konnte. Wie wohl ich Dir zugeben muß, daß ich Deine Ansicht, v. Moeller hätte früher dagegen einschreiten müssen, theile. Wir wollen hoffen, daß die nächsten Briefe bessere Nachricht bringen. (Ich werde Dir immer gleich mittheilen was ich bekomme.)– Zu einem Umsatteln mit dem Arzt möchte ich doch nicht rathen, wer weiß, wem sie sonst in die Hände fällt!– Quincke ist leider nicht in Berlin sondern auf längere Zeit auf Reisen. Für den Fall, daß er wider Erwarten noch da sein sollte, hat Mimmi die Dich herzlich grüßen läßt, eben Tante Bertha Deine Ansicht im Wesentlichen mitgetheilt.

In der vorigen Woche haben wir viel geschwaermt. Freitag waren wir noch auf dem Fährkruge mit einer größern Gesellschaft, gestern Mimmi, ich und mein Referendar auf dem Schloßberge. Zum 20sten dieses Monats kommt Helene u. wird mit den Kindern circa 3 Wochen bei uns wohnen, worauf wir uns sehr freuen. Die Einlage an Vater Christian gieb anb ihn ab. Er wird wohl Anfang der nächsten Woche da sein. Mache Dich nur recht liebenswürdig.

Sollte der Todtenschein beim Spital nicht fabrizirt werden können, so erkundige Dich doch genau bei dem Küster der protestantischen Gemeinde nach dem Fall, unter Benutzung der früher gesandten Notizen. Mimmi läßt bestens grüßen; sie hat nach Berlin geschrieben. Ade Dein treuer

Bruder Karl

a gestr.: e; b eingef.: an

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.07.1856
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 34944
ID
34944