Ernst Haeckel an Wilhelm Leche, Jena, 22. November 1897
Jena
22.11.1897.
Hochgeehrter Freund und College!
Verzeihen Sie, dass ich Ihnen erst heute meinen herzlichen Dank für Ihre liebenswürdige Gastfreundschaft in Stockholm abstatte, und nicht minder für die freundliche Zusendung der baltischen Relicten, die wohlbehalten hier eingetroffen sind. Ich war hier seit meiner Rückkehr (im October) sehr beschäftigt, da die Vollendung der neuen (IX.) Auflage der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ alle Zeit in Anspruch nahm; jetzt ist sie endlich fertig (mit 30 Tafeln). || Wenn Sie erlauben, werde ich Ihnen das Buch in 2 (oder 3) Wochen zusenden. Wünschen Sie auch noch Etwas von meinen früheren Schriften zu erhalten? Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich Ihnen die „Gastraea-Theorie“ versprochen? (– und den „Monismus“?)
Meine 6wöchentliche Russland-Reise verlief glücklich; besonders Finnland war angenehm. In Petersburg machte ich von dem (allzu grossen!) Geologen Congresse mich los, und reiste allein (am 1. September)a über Moskau nach dem Kaukasus und Tiflis; dann über die Krim, Odessa, Kiew, Warschau zurück. ||
Mein Aufenthalt in Stockholm gehört zu den angenehmsten Erinnerungen dieser interessanten Reise, und ich bitte Sie, auch unseren dortigen Freunden – besonders dem verehrungswürdigen alten Nordenskjöld – meinen herzlichsten Dank für die gütige Aufnahme nochmals auszusprechen.
In der Hoffnung, dass Sie uns bald einmal in unserem kleinen Universitäts-Dorfe an der Saale besuchen, bleibe ich mit besten Grüssen
Ihr treu ergebener
Ernst Haeckel.
a eingef.: (am 1. September)