Ernst Haeckel an Oscar Hertwig mit Nachschrift an Richard Hertwig, Jena, 29. Januar 1876
Jena 29 Jan 76
Lieber Oscar!
Für Ihre freundlichen Mittheilungen danke ich Ihnen bestens. Es freut mich zu hören, daß Sie mit den Resultaten Ihrer Arbeit zufrieden sind. Ihre Lections-Anzeige kam gerade noch vor Thores-Schluß; ich habe also meine provisorische Anzeige für Sie dahin abgeändert, daß Richard 2mal privatim über Würmer, 1mal publico über Protisten liest; für Sie hatte ich Ihrem Wunsche entsprechend angezeigt. ||
Hier geht Alles seinen stillen Gang. Daß Frau Frommann wenige Tage nach Ihrem jüngsten Sohne gestorben, haben Sie wohl schon gehört? In unserer medicinischena Gesellschaft ist Ernst Erhard Schmid Praesident. In der Kasse ergaben sich beim Jahres-Abschluß die ungeheure Summe von 1010 Mark! Wir haben beschlossen, mit ihrerb Hülfe einen Band Denkschriften in 4° herauszugeben, mit 30–40 Tafeln. Da haben Sie gleich eine hübsche Gelegenheit, Ihre Messinaer || Entdeckungen in stattlichem Gewande zu publiciren. Ich werde meine Canarischen Medusen (mit 8–10 Tafeln) hineingeben, Strasburger seine Siphoneen-Arbeit. – Anfang März werde ich wahrscheinlich auf 4–6 Wochen in’s Kloster (nach Lesina) gehen. Im Sommer lese ich Anthropogenie privatim und ein Publicum über Säugethiere. Schwalbe liest Vergleichende Anatomie – Klostermann und Jaeger bitte ich schön zu grüßen.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Haeckel
Lieber Richard!
Ihre Mittheilungen über den Radiolarien-Bau haben mich ungemein interessirt. Es freut mich sehr, daß meine alten Lieblinge so gründlich aufgeklärt werden. Meine Arbeit über die Tief-See-Radiolarien der Challenger und über die fossilen Radiolarien v. Barbados wird ausschließlich die Schalen-Systematik behandeln. Sie werden über den fabelhaften Formenreichtum (meist Cyrtiden) c erstaunt sein. Achten Sie doch auf die Sarcode-Geißeln von Euchitonia.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Haeckel
a eingef.: med; b korr. aus: Ihrer; c gestr.: ersch