Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Arnold Lang und Mathilde Lang-Bachelin, Bignasco, 6. September 1894

Bignasco, Val. Maggia Do. 6. Sept. 1894.

Carissimo Don Arnoldo! Theurer Freund u. Ritter Professor!

So kurz auch diesmal meine (nur 2 wöchentl.) Ferien-Reise in die Schweiz ist, so verläuft sie doch höchst lohnend u. angenehm. Nach dem „Schwitzbade“ bei unserem Freund Ritter in Basel war die herrliche Woche, die ich bei Ihnen verleben durfte, die angenehmste Erholung! Ich danke Ihnen u. Ihrer lieben Frau herzlichst für Ihre liebenswürdige Gastfreundschaft u. für die Aufnahme in Ihrer Familie! Meine Fahrt über den Vierwaldst. See u. Gotthard am 1. Sept. war sehr schön. Ich übernachtete gut in Airolo, in Gesellschaft eines alten Bekannten meines Bruders, den ich noch nie gesehen hatte. – Sonntag 2. Sept. fuhr ich von Airolo nach Locarno, und von da (4 Uhr Nm.) in 3½ Std. per Post hierher nach Bignasco. In dem vortrefflichen Hotel du Glacier (dem einzigen des Dorfes) verlebe ich eine höchst angenehme Pensions Woche (7 Fr. pro Tag). Wenige Touristen, treffliche Verpflegung, wunderschöne Lage an der Gabeltheilg. des Vol Maggia. Ihre ausgezeichnete Karte (die ich am 8. zurücksenden werde) ist mir vor großem Nutzen. Ich wandere täglich 5–6 Stunden u. male meine üblichen Aquarell Skizzen. Das Val Barona ist höchst malerisch, herrliche Kastanien Wälder, Fels-Colosse, viele Wasserfälle etc. Am So. (9.) fahre ich nach Locarno, am 11. über der Gotthard nach Luzern (wo ich auf der Post nach eventuell post. rest. Briefen fragen werde). Am 15. bin ich wieder in Jena. Nochmals herzlichsten Dank und Gruß von Ihrem treuen

alten Papa Ernesto Haeckel

Carissimo Donna Matilda! Stimotissima figlia mia adottiva! Prima, Professorina phylogenetica!

Ihnen, theuerste Freundin, muß ich einen ganz besonderen Dank u. Gruß beifügen. Der ungezwungene Aufenthalt in Ihrem lieben Hause, || den Sie durch Ihre freundliche, geistige u. leibliche Pflege so angenehm gestalteten, hat mir» höchst wohl gethan. Unsere fromme Pilger Fahrt nach Einsiedeln u. auf den Großen Mythen war doch prächtig! Die Ombrella da gloria ist merkwürdigerweise noch am Leben!

Meinem lieben Pathchen Rosa Lilia, sowie dem kleinen schlauen Marietta Racker (Vuol. dire „Character) freundliche Grüße von Ihrem treuen Papa

E. Haeckel.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
06.09.1894
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Unbekannt
ID
33075