Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul von Rottenburg, Jena, 5. Mai 1911

Jena 5.5.11.

Liebster Freund!

Zu der begonnenen Kur in Franzensbad sende ich Dir und Deiner lieben Frau meine besten Wünsche!

Deiner freundlichen Einladung dorthin kann ich leider nicht folgen; ich bin für die nächsten Monate zu Stubenarrest verurteilt.

Am 20. April hatte ich das Mißgeschick einen bösen Fall zu tun (– im dunkeln Zimmer über eine Schwelle stolpernd –) und den linken Oberschenkelhals zu brechen, (innerhalb der Gelenkkapsel), bei meinen 77 Jahren eine sehr schlimme und nicht völlig heilbare Verletzung. || Im besten Falle werde ich Mitte Juni im Stande sein, mich auf Krücken hinkend in den Garten zu bewegen. Das Bein bleibt aber 2–3 Centimeter verkürzt. Mit dem Reisen und besonders dem Bergsteigen ist es vorbei! – Vorletzte Szene vom letzten Akt meinera Lebens-Tragoedie!! –

Meine Frau, die fast ein halbes Jahr leidend war, geht es jetzt wieder besser; sie grüßt Dich und Deine liebe Frau mit mir herzlich!

– Mein Allgemeinbefinden (Schlaf, Appetit, Stimmung etc) ist unerfreulich. Vielleicht wird es in 2–3 Wochen langsam besser?

Treulichst Dein alter E. Haeckel. ||

P.S. Als Curiosum sende ich Dir die transparente Hülle Deiner „Affen-Postkarte“, zurück, welche die hochweise k. k. österreichische Postbehörde mit ganzen 15 Pfennig Strafporto belastet hat, wahrscheinlich wegen des schönen mobilen „Affenschwanzes“!

a korr. aus: meines

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
05.05.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Franzensbad
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 32918
ID
32918