Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul von Rottenburg, Jena, 17. Oktober 1908

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

Jena 17.10.08.

Liebster Freund!

Deiner liebenswürdigen Einladung nach Berlin kann ich leider nicht folgen. Übermorgen (Montag 19.10) ist die schicksalschwere Sitzung der Philosophischen Facultät, in der die Wahl meines Amtsnachfolgers beraten und beschlossen wird. Dazu muß ich 2 ellenlange Berichte an Facultät und Ministerium machen, die mich noch 4 Tage Arbeit kosten werden.

Mitte nächster Wochen kommen Meyers u. Walter zu einer wichtigen Beratung (Testament u. Nachlaß-Ordnung). Das Winter-Semester – mein letztes in voller Amtstätigkeit! – Ostern 1909 siedle ich mit Pohle in das Phyletische Museum über. ||

Wenn Du in Berlin eine freie Stunde findest, wirst Du mit Deinem Besuche meine Schülerin und Freundin Frl. Maria Holgers sehr erfreuen (Burggrafen-Str. 7 III), eine sehr intelligente, interessante und liebenswürdige Dame. Sie hat die neue (jetzt erscheinende) Taschen-Ausgabe der „Welträtsel“ vor einem Jahre mit bearbeitet. Ich habe ihr Viel von Dir, als meinem besten und treuesten Freunde erzählt. Wir schrieben ihr von Luzern aus die „Tüll-Karte“! Wenn du hinkommst (– am sichersten vorher Stunde des Besuchs vermelden), grüße sie bestens von ihrem alten „Schulmeister im Tüll-Frack“!

Sie war vor 20 Jahren Schauspielerin, ging aber aus Mangel an Mitteln ab und erwirbt sich ihren Unterhalt durch poetische u. philosophische Vorträge.

– Beste Grüße von Deinem alten

E. Hkl.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
17.10.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 32897
ID
32897