Dodel-Port, Arnold

Arnold Dodel-Port an Ernst Haeckel, Zürich, 7. November 1901

Villa Erica, Rigistrasse 60.

Zürich IV.

7. Novbr. 1901.

Herrn Professor Dr. Ernst Haeckel, Zoologisches Institut in Jena

Hochverehrter, lieber alter College!

Sie haben mir seinerzeit die succedem aufeinander folgenden Hefte der Deutschen Rundschau mit Ihren Briefen aus Insulinde durch den Verleger zusenden lassen. Dafür zu danken habea ich bei Ihrem neulichen Besuch hier in Zürich vergessen & zum Dank für diesen Undank meinerseits lassen Sie mir nun auch noch das prächtig illustrirte Buch „Aus Insulinde“ zusenden. Das ist doch des Guten zuviel! Ich hatte das Buch schon bei meinem Buchhändler bezogen & meine liebe Frau, die auch Ihre Aquarelle neulich mit Entzücken angesehen, hatte bereits Beschlag darauf gelegt. Nun kam da Ihr Dedications-Exemplar: das war für mich! Also herzlichen Dank für dies Uebermaß von Altruismus! –

Nach einigen wenigen Tagen sende ich Ihnen meine neue Streitschrift: „Entweder-Oder –, Eine Abrechnung in Sachen der Frage „ „Moses oder Darwin?“ “ an der Jahrhundertwende“. – Da muß es denn doch bald mal vorwärts gehen auf der Stufe der Volksschule. Wer zu bescheiden ist, der erreicht in unseren Tagen Nichts; also werden wir „a Bissel“ unverschämt & räuchern wir die Schulstuben gehörig aus! Der alte Zauber hat lange genug gelebt: der Teufel soll ihn holen & dann hat unsere Evolution Platz & die Hoffnung & die frohe Gewißheit, daß wir nicht weiter versimpeln, sondern uns auf- & vorwärts entwickeln werden – – – bis zum richtigen „Uebermenschen“.

Carneri hatte am letzten Sonntag (3. November) sein 80. Geburtstagsfest. Ich gratulirte mit ein paar wenigen Worten & – nun erhalte ich ein Dankbriefchen von ihm eigenhändig, dem Halbblinden. Der verdient die Unsterblichkeit durch die Art & Weise, wie er als Sterblicher seine Philosophie vor uns durch ureigene Praxis lebt & in lebendigem Exempel als erreichbares Ideal hinstellt.

Möge er noch lange sich der Sonne freuen! Mögen Sie, hochverehrter Herr College, in & mit allem göttlichen Humor sich weiter in Gesundheit & Glückseligkeit Ihrer Tage freuen! Sie haben nun genug gearbeitet – Andere sollen nun weiter rackern!

Mit herzlichen Grüßen, auch von meiner lieben Frau:

Ihr ergebener A.Dodel

a korr. aus: haben

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
07.11.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 3255
ID
3255