Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Emil Bessels, Potsdam, 25. Oktober 1887

Potsdam 25. Oct 87.

Hochgeehrter Herr!

Von Jena auf einige Wochen abwesend, erhielt ich Ihren Brief erst heute hier. Ich danke Ihnen herzlich für die freundliche Theilnahme, welche Sie meinen Schriften schenken. Indessen fürchte ich sehr, dass Ihre Werthschätzung derselben zu hoch gegriffen ist, und dass viele Kritiker Ihnen nicht beistimmen werden. ||

Da Sie sich besonders für meinen Styl interssiren und zu wissen wünschen, welche Mittel ich bei meinen litterarischen Compositionen anwende, kann ich Ihnen nur erwidern, dass mich vielleicht ein angeborenes Talent begünstigt, dass ich mich aber von früher Jugend an bemüht habe, meinen Gedanken einen klaren und bestimmten Ausdruck zu geben. ||

Besondere litterarische Erziehung habe ich nicht genossen, auch keine Sorgfalt auf künstliche Composition verwendet. Im Ganzen habe ich auch nicht sehr viel gelesen; am meisten Goethe, Lessing, Humboldt, Schleiden, Huxley und Darwin. Stets bin ich bestrebt gewesen, die Natur als die erste und beste Lehrmeisterin anzuerkennen. ||

Indem ich Ihnen für Ihre freundlichen Zeilen nochmals danke, und Sie bitte, meinen Arbeiten Ihre gütige Theilnahme auch ferner zu bewahren, bleibe ich

mit ausgezeichneter Hochachtung

Ihr ergebener

Ernst Haeckel

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
25.10.1887
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Privatbesitz
ID
32498