Dodel-Port, Arnold

Arnold Dodel-Port an Ernst Haeckel, Hottingen bei Zürich, 11. August 1876

Hottingen/Zürich, 11. August 1876.

Herrn Professor Dr. Ernst Häckel in Jena.

Hochgeehrtester Herr!

Ich habe das Vergnügen, Ihnen meine letzte Arbeit, die soeben die Presse verläßt, zusenden zu können. Wahrscheinlich finden Sie in dieser entwicklungsgeschichtlichen Studie über Ulothrix zonata mehr als Ein Detail, das nicht nur den Botaniker, sondern auch den Zoologen interessiren muß, für den Descendenzianer aber gewiß von großem Werthe erscheinen wird. Ich hatte bei meiner Untersuchung sehr viel Glück, damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß die ganze Materie erschöpft sei. Ich stehe selbst im Begriff, meine Untersuchungen an der gleichen Pflanze weiter fortzuführen. Was ich hier biete, ist ohne Zweifel durchaus richtig. An den Hauptzügen wird kaum mehr zu markten sein. Ich hoffe, das wir Ihnen beim Durchgehen der Arbeit sich selbst aufdrängen.

Gleichzeitig sende ich Ihnen einen kleinen Beitrag für das Album, welches am 12. Februar 77, als am 69. Geburtstage Darwins diesem soll eingehändiget werden. Seine Theorie hat an den Hochschulen Zürichs nun breite Basis gewonnen u. ich habe die Genugthuung, durch meine Thätigkeit an der Lehramtsschule der Universität, das befruchtende Ferment der Abstammungslehre durch zahllose Adern hinauszuleiten in die Pflanzstätten der Volksbildung. Meine Schüler sind fast ohne Ausnahme begeisterte Anhänger Darwins – u. sie sind oder werden Volkslehrer sein. Damit ist aber viel gewonnen, für die Pfaffen viel verloren. Meine dermaligen thätigsten Feinde sind nun zumeist Mucker & Dunkelmänner; andere Gegner haben in letzter Zeit schweigen gelernt. Dr. Keller – ein aufgeblasener Junge – renommirt heute in allen Gesellschaften, er müsse durch seine neuesten Studien von großer Bedeutung seinen vielangefeindeten Freund Häckel retten helfen. Das klingt possirlich. In Wirklichkeit wird sich das vielleicht in kurzer Zeit ganz anders machen. Ich wünsche im Interesse der Wahrheit, daß solche Vertreter der Descendenz-Theorie à la Keller alsbald wirklich forschen u. das Allzujugendlich-Uebermüthige ablegen. Mit Renommiren lockt man keinen Pudel vom Ofen. Keller wird übrigens in Bälde einsehen, daß er mir speciell sehr Unrecht gethan.

Darf ich Sie bitten, dem Herrn Prof. Strasburger das beiliegende Exemplar von meiner Arbeit einhändigen zu lassen?

Genehmigen Sie, hochgeehrtester Herr Professor, bei diesem Anlasse die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung & Ergebenheit:

Dr. Arnold Dodel-Port

Freie Straße No 22 in Hottingen/Zürich.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
11.08.1876
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 3241
ID
3241