Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Rudolf Peters, Jena, 22. Mai 1886

Brief.

Herrn Pastor Dr. P. R. Peters Geesthacht bei Hamburg

(Bild, darunter in ornamentalem Druck: Villa Haeckel.)

Jena, den 22 Mai 86

Lieber Herr Doctor!

Durch Ihren freundlichen und herzlichen Glückwunsch zu meinen 25. jähr. Docenten-Jubilaeum haben Sie mir eine grosse Freude bereitet. Ich fühle aus jeder Zeile heraus, dass Sie noch treu an unserm lieben Jena hängen, und dass auch ich selbst im Stande war, Ihnen ein bleibendes Gedenken abzugewinnen. Ausser vielen Glückwünschen von Nah und Fern wurde ich an meinem Jubiläums-Tage (am 3. Mai, an dem vor 2 Jahren das neue Institut eingeweiht wurde), auch von der grossartigen Ritter-Stiftung überrascht, von der Sie wohl in den Zeitungen gelesen haben. Herr Paul von Ritter in Basel (aus Lübeck stammend) hat der Universität Jena ein Legat von 300,000 Mk vermacht „zur Förderung des Studiums der phylogenetischen Zoologie“; ich habe freie Verfügung über die Erträge, im Sinne der Stiftung. Zunächst wird daraus eine „Ritter-Professur für Phylogenie“ gegründet, die mein früherer Schüler u. Assistent, Dr. Arnold Lang, erhält; weiterhin Reise-Stipendien, Anschaffung von Hülfsmitteln etc. Sie können denken, wie glücklich ich bin, nachdem ich vor 25 Jahren hier mit Nichts angefangen habe. – Auch sonst geht es mir gut. Mein grosses Werk über die Challenger-Radiolarien (4 Bände mit 140 Tafeln), an dem ich seit 10 Jahren arbeite, wird in einigen Monaten fertig sein.

Da Sie so freundlich meiner Kinder gedenken, darf ich Ihnen noch mittheilen, dass wir an allen Dreien rechte Freude haben. Walter (17 J.) ist ein frischer Junge und wird wahrscheinlich Maler. Lisbeth (15 J.), sehr begabt, hatte gestern Abend ihren ersten „Tanzstunden-Ball“, wobei ich zum ersten Male als „Ballvater“ fungirte. Die jüngste, Emma (12 J.) ist ein sehr zartes, phantasiereiches und poetisches Wesen. Meine alte Mutter lebt noch in Potsdam. Seit 2 Jahren wohnen wir in oben stehender „Villa Medusa“ (an der Leutra, vis à vis dem neuen Institut, an der „Pforte des Paradieses“).

Meine Frau und ich grüssen Sie herzlichst.

Ihr treuer

Ernst Haeckel

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
22.05.1886
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Geesthacht bei Hamburg
Besitzende Institution
Unbekannt
ID
31949