Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Herman George Scheffauer, Jena, 15. Mai 1915

Jena 15.5.1915.

Lieber Herr Scheffauer!

Besten Dank für Ihre freundlichen und mir sehr interessanten Mitteilungen. Ihrea Artikelb („Orchelle“) in dem vortrefflichen Journal „The Continental Times“ habe ich mit besonderem Vergnügen gelesen und hoffe, dass sie Viel dazu beitragen werden, die Amerikaner über das wahre Deutschland aufzuklären. Ihren Wunsch, dass ich selbst einige Beiträge für Ihre Zeitschrift liefern möge, würde ich unter normalen Verhältnissen gern erfüllen. Aber leider bin ich seit längerer Zeit krank und zu jeder literarischen Arbeit unfähig; dazu tief gebeugt durch den Verlust meiner treuen Lebensgefährtin, welche über 47 Jahre Freud und Leid der Schicksale mit mir geteilt hat. Auch habe ich durch den entsetzlichen Weltkrieg, dessen Ende und Ausgang noch gar nicht abzusehen ist, viele Freunde und Schüler verloren. Von 12 Neffen und Grossneffen, die im Felde stehen (teils in Ost, teils in West) sind 5 bereits gefallen, 2 schwer verwundet. Darunter ein sehr begabter junger Arzt, auf dessen Talent und Fleiss ich grosse Hoffnungen gesetzt hatte.

– Wenn Sie mir noch die Freude Ihres Besuches hier machen können, bitte ich mich einige Tage vor Ihrer Ankunft zu benachrichtigen, damit ich meine (sehr in Anspruch genommene) Zeit danach disponieren kann.

Mit herzlichsten Grüssen und mit besten Wünschen

Ihr treu ergebener

Ernst Haeckel.

a korr. aus: Ihres; b korr. aus: Artikels

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
15.05.1915
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 31752
ID
31752