Ernst Krause (Carus Sterne) an Ernst Haeckel, Berlin, 4. Juni 1877
Berlin N. O. Friedenstraße 10. I.
den 4.6.77.
Lieber Freund!
Mit rechter Betrübniß entnehme ich Ihren freundlichen Zeilen, daß es doch nicht ohne Acclimatisationkrankheit abgehen sollte; die kalten u. regnigen Pfingsttage in Potsdam haben gewiß denn vollendenden Einfluß geübt. Es wird hoffentlich sehr schnell vorübergehen, doch bitte ich Sie dringend, ja bei der Reconvaleszenz recht vorsichtig zu sein, denn einzig dem Umstande, daß ich einen ähnlichen Anfall zu leicht nahm, verdanke ich die Einwurzelung meiner Affektion. Daß wir Bathybius u. die Moneren nunmehr nicht für Heft IV bekommen, ist freilich schade, indessen tritt dieser Punkt natürlich gänzlich in den Hintergrund, u. ich bitte Sie vielmehr, ja nicht eher daran zu gehen, als bis Sie volle Muße u. Erholung erlangt haben. Nebenbei bemerkt, wird das Thema unsern Lesern heiß ersehnt sein. Die politischen Zeitungen wühlen immerfort im Tiefseeschlamm, u. die beiliegende Anfrage, welche Dr. Caspari anonym empfing, wird Ihnen zeigen wie ängstlich man auf die Bathybius-Frage schaut. Als ob dabei der Darwinismus auf dem Spiele stünde wenn sich etwa auch Bessels getäuscht haben sollte! Man verschweigt in diesen Zeitungshetzereien geflissentlich oder aus Unwissenheit, daß eine Menge von Moneren, gegen deren Existenz Niemand Zweifel erheben wird, für die Theorie gleichwerthig sind. Ad vocem Bathybius muß ich Ihnen eine komische oder vielmehr tragische Geschichte erzählen. Trotz aller meiner Einwürfe u. Bedenken wünschte Hr. Alberts Correktur || u. Revision sämmtlicher Artikel selbst zu lesen, da er die dazu erforderlichen Kenntnisse zu besitzen glaubte. Es hätte mir das im Ganzen erwünscht sein können, indessen drang ich doch, wenigstens eine letzte Revision zu erhalten. Vergebens! Nun ist das dritte Heft richtig mit einer hübschen Anzahl recht böser Druckfehler zur Welt gekommen, so daß ich Lärm schlagen mußte. Unter den Artikeln, die für das 2te Quartal in Aussicht stehen, hatte Alberts aus dem Bathybius durch eine seltsame, indessen mir vollkommen begreifliche Ideen-Association: Eozoon canadense gemacht. Ich habe nun unnachsichtlich auf den Neudruck des betreffenden Blattes gedrungen, was er mir sehr übel genommen zu haben scheint, denn er hat mir noch gar nicht darauf geantwortet.
Als Sie mich vor vierzehn Tagen mit Ihrem Besuche erfreuten, hatte mich die sechsstündige Reise, die ich an diesem Tage durchgemacht hatte, so caput gemacht, daß ich an das Nächste nicht gedacht habe, u. Ihnen wahrscheinlich noch abgespannter u. hinfälliger vorgekommen sein muß, als ich es schon bin. Ich hätte mir sonst eine Notiz gemacht über die neuentdeckten Gasträaden, von denen Sie sprachen, um dies bei einem Referate über die Untersuchungen mitbemerken zu können. Vielleicht gäben sie mir darüber gelegentlich ein Paar Zeilen! Dann sprachen Sie von Ihren Zeichnern, die auch wohl für Rechnung des Kosmos gelegentlich etwas arbeiten würden. Ich hatte nun die Absicht, von der Arbeit über Hylodes martinicensis welche Prof. Peters im Novemberheft der Abhandlung der Berliner Akademie 1876a veröffentlicht hat (ohne übrigens zu wissen, daß die Entwicklungsgeschichte bereits früher von Bavais beobachtet wurde!) einen ausführlichen Auszug mit Illustrationen zu geben. Vielleicht hätten Sie die Güte, die wichtigsten Formen der || Tafel von einem Ihrer Zeichner für Rechnung des Kosmos auf Holz übertragen zu lassen, so daß wir sie in den Text drucken lassen könntenb? Sie würden mir damit einen großen Gefallen erweisen, denn für mich ist hier die Beschaffung sehr schwierig, da ich den betreffenden Band nicht leihweise erhalten kann, alsoc kaufen müßte, während Sie denselben ohne Zweifel zu Ihrer Disposition haben. Auch an Ihr freundliches Versprechen, mich gelegentlich per Postkarte auf auszugswürdige Arbeiten hinweisen zu wollen, darf ich Sie wohl für später erinnern.
Mit den herzlichsten Grüßen u. Wünschen für Ihre schnelle Erholung
Ihr
aufrichtig ergebenster
Ernst Krause
a eingef.: 1876; b korr. aus: können; c gestr.: ich also den Band; eingef.: also