Krauseneck, Gustav Adolf

Gustav Adolf Krauseneck an Ernst Haeckel, Karlsbad, 20. Juli 1895

Karlsbad, Hirschenspanngasse „Stadt London“

am 20 Juli 1895

Hochgeehrter Herr Professor!

Ihre Karte hat mich ungemein erfreut, da sie mir die Aussicht eröffnet, Sie vielleicht sehen zu können & ich danke Ihnen herzlichst dafür. Was ich dazu thun kann, eine Begegnung herbeizuführen, wird gewiß geschehen. Wie Sie sehen, sitze ich in Karlsbad und zwar als Kurgast. Im Herbst hatte ich wieder mit meiner dummen Milz zu thun – einem überhaupt und bei mir besonders räthselhaftem Ding, deßen erhebliche Anschwellungen bei meinen nun schon öfter wiederholten Fieberanfällen eine Erkrankung dieses Organs vermuthen laßen. Ich gab bereitwillig den Ärzten nach, die dringend riethen, mir durch das hiesige Wasser || eine Verhütung neuer Anfälle zu verschaffen, aber ich glaube, daß dabei, wie in den meisten Fragen nicht streng empirischer Heilmethode, völlig im Dunkeln herumgetappt werde und daß mir die Tiroler Bergluft bei erhöhter Körperübung beßer thäte, als die Badekur, die einen überdies durch das ganz fabelhafte Treiben der sogenannten eleganten Welt auch geistig herabbringt.

Ich bin mit meiner Frau hier, die mir an Ihre verehrte Frau Gemahlin & Sie die herzlichsten Grüße aufträgt. Am 1 August fahren wir nach Tirol und zwar nach Klobenstein am Ritten bei Botzen (Briefadreße, für Telegramme genügt „Klobenstein“). Dort sind Kopfs schon vollzählig beisammen & meine Schwester wird erwartet. || Sollten Sie Lust haben dieses, noch modeaffenfreie Paradies zu sehen & die 4 Stunden hinaufzugehen, so möchte ich Sie am besten in Waidbruck erwarten. Ganz außerordentlich lohnend wäre dann von Botzen aus die neue Straße zum Caressapaß. Wenn Sie nicht soweit südwärts kommen, so fahre ich Ihnen sehr gerne anderswohin entgegen, nur hoffe ich, daß Sie „Mitte August“ nicht zu spät eintreten, da ich zum 20sten wieder zu Hause sein muß. –

Hieraus entnehmen Sie schon, daß es in Triest so geht, daß wir leicht fortkonnten. Mein armer Vater, der dieser Tage die 82 vollendet, ist sehr elend & gedrückt, doch körperlich etwas wohler. Wir Anderen sind wohlauf. Auch von mir die herzlichsten Grüße & stets Ihr in Verehrung ergebener

Gustav Krauseneck

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
20.07.1895
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27790
ID
27790