Ernst Ehlers an Ernst Haeckel, Göttingen, 8. Dezember 1868
Mein lieber Häckel!
Mein Brief soll Ihnen ankündigen, dass Sie in diesen Tagen durch Engelmann ein Exemplar der zweiten Abtheilung meiner „Borstenwürmer“ erhalten werden. „Tandem aliquando“ werden Sie ausrufen, und haben Recht; lange hat es gedauert, bis dieser Band fertig geworden. Aber was soll ein armer Prosector anfangen, wenn seine beste Arbeitszeit vom Präparirsaale verschlungen wird; und wenn dann noch obendrein, Monate vergehen, ehe der Kupferstecher seine Tafeln, trotz aller Versprechungen, fer-||tig macht. Nun also, da ist der Wälzer, und ich kann nur bitten, nehmen Sie ihn freundlich auf als ein Zeichen meiner herzlichen Zuneigung zu Ihnen. – Ich hatte sehr gehofft, Sie in Dresden begrüssen zu können; allein ich musste die Gründe, die Sie für Ihr Ausbleiben vorbrachten, anerkennen, und nun will ich denn nachträglich meinen besten Glückwunsch abstatten, dass das damals erwartete Ereignis, wie ich höre, glücklich von Statten gegangen ist. Allein ob Sie Vater oder Mutter sind, oder besser gesagt ob Ihr Kindchen ein Männlein oder Weiblein ist, das habe ich bis jetzt nicht erfahren können. Weder Leskien, der in Jena war, noch Seebach, der mir Grüsse von Ihnen brachte, war darüber hinreichend genau unterrichtet. ||
Seebach erzählte mir, dass Sie eine Monographie über fossile Quallen bearbeiteten; sollten Sie dabei gelegentlich auf Wurmreste stossen, die sich sicher noch zahlreicher finden werden, und könnten mir dieselben zur Bearbeitung abtreten, so wäre ich Ihnen sehr verpflichtet; das heisst auf Serpula etc. Schalen habe ich es weniger abgesehen. Dass Geinitz sich mit seinen Nereiten, Phyllodociten etc getäuscht hat, darvona bin ich, nachdem ich die Originale in Dresden gesehen habe, noch mehr überzeugt; die Abbildungen, welche er gegeben hat, sind übrigens sehr gut, mehr sieht man auch an den Originalen nicht.
Gestern erhielt ich die „römischen Schlendertage“ von Allmers, und habe mich beim flüchtigen Ansehen sehr daran ergözt. Henle glaubte, || wie er mir im Anfange des Semester erzählte, Sie und Allmers in München in der Pinakothek gesehen zu haben; war aber seiner Sache nicht sicher genug gewesen, um Sie anzureden.
Mit Kefersteins Gesundheit geht es in diesem winter ziemlich gut; er hofft im Frühjahr ans Mittelmeer reisen zu können. Augenblicklich steckt er ganz in Nordpol-Zoologie, und conferirt mit Capt. Coldewey über die Zoologen der nächsten Nordpol-Expedition.
Zum Schluss empfehlen Sie meine Frau, die Ihre besten Grüsse sendet, und mich unbekannterb Weise Ihrer lieben Frau.
In alter Freundschaft
Ihr
E. Ehlers
Göttingen
8 December 1868
a korr. aus: darüber; b korr. aus: f