Monjé, Paula

Paula Monjé an Ernst Haeckel, Düsseldorf, 16. April 1918

Düsseldorf 25 Rochusstr

den 16/4 1918.

Hochverehrter Herr Professor!

Schon lange hatte mir ein großer Verehrer Ihrer Wissenschaft, ein Maler te Peerdt eine Zeichnung gegeben, welche ich Ihnen bei Gelegenheit schicken wollte. Nun las ich in der Zeitung Ihren Abschied! Aber Herr Professor? So muthlos? Er hat vielen Leuten das Herz bewegt, eine ganz merkwürdige Dame, wird Ihnen dieser Tage ihr System der Lebensverlängerung bestehend in regelrechter Athem Gymnastik schicken, damit könnten Sie 90 und 100 Jahre alt werden! ||

Diese Dame, weil sie gehört hatte, daß ich Sie kannte, wird sich auf mich berufen, aber ich muß Ihnen im Vertrauen sagen, daß sie dazu kaum Recht hat, denn ich halte sie für ganz verrückt. Und wenn ich nun an den schönen Frühlingsbesuch bei Ihnen denke, an Ihre Güte, ihre prachtvolle Frische, an den Blick von Ihrem zauberhaften Balkon in blühenden Frühling, und den Blick auf den „Berg Schillers“ mit dem rötlich strahlenden Gipfel – dann springt mir a die Feder in die Hand, und ich möchte Sie lachen machen, heiter sehen, denn anders kann || ich nicht an Sie denken! Das Ganze ist Werden und Vergehen, (denken Sie an Schillers Spaziergang), und im Werden und Vergehen von Gott zu Gott, das ist mein Monismus! Der bringt Ruhe und Vertrauen. Erleben Sie noch bitte das Ende des Krieges, den über Kampf und Kulturzerstörung siegenden Geist der Treue des deutschen Volkes – und aus den Frieden still erblühende Cultur. Nicht so luxuriöse, wie früher, aber gereinigt durch höhere geistige Instanzen. Ihr wunderbares Lebenswerk der || Natur Erforschung lebt ohne Sie, und Sie leben auch weiter. Wo? – im Jenseits.

Ich selbst male, male, male – Johannes den Täufer d.h. Salome mit seinem Kopfe in Blumen, rot und dämonisch, Japanerin beim Thee, Mutter und Kind à la Sedia – mit Sonnenglück und Jauchzen, der schönsten Blüte des Lebens – in Liebe!

Wenn ich reise, besuche ich Jena und wenn möglich, d.h. mit Ihrer Erlaubniß, Sie.

Mit herzlichen Grüßen Ihre

Sie verehrende

a gestr.: in

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
16.04.1918
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 25852
ID
25852