Friedrich von Hellwald an Ernst Haeckel, Cannstadt, 27. Februar 1874
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Cannstatt bei Stuttgart, 27. Februar 1874.
Hochverehrter Herr Professor!
Gestatten Sie mir Ihnen meinen innigsten Dank auszusprechen über die Ehre, welche Sie mir durch Annahme der Widmung meines vielleicht sehr gewagten Versuches erweisen wollen. Mein Buch bewegt sich ziemlich in dem Rahmen der Strauß’schen Ideen, auch in politischer Hinsicht, und darf ich nach Ihrem Anschluße an diesen Denker hoffen, mich auch mit Ihnen in keinem erheblichen Widerspruche zu befinden, soweit wenigstens die Hauptfragen davon betroffen werden. Ganz absichtlich aber widme ich Ihnen, dem Naturforscher, meine Culturgeschichte, von der ich ja im vorhinein weiß, daß sie sich bei den zünftigen Historikern keines Beifalls zu erfreuen haben wird. Die allgemeinen Naturgesetze und die rein monistische Weltanschauung sind es, auf welche ich meine Entwicklung der Cultur gründe und Sie können sich leicht denken, welche Wuth die Entlarvung des Ideals als eines Irr-||thums im entgegengesetzten Lager hervorrufen wird. Meine ganze Auffassung. der Culturgeschichte als einer erweiterten Naturgeschichte stellt mich ja an und für sich in den Bann aller Theologen und theistischen Philosophen, die in meinen Augen nicht um ein Haar besser sind, als der infallible Pabst. Ich zweifle nicht, daß es meinem Verleger angenehmer gewesen wäre, jetzt schon das Buch mit Ihrem Namen schmücken zu dürfen, allein ich meinestheils danke Ihnen für den Entschluß, wie Sie ihn gefaßt haben, weil er mir zugleich die Gewähr gibt, daß Ihr Name dadurch wenigstens nicht mißbraucht werden kann. Ich bitte Sie also, mein Werk, wovon Ihnen natürlich die einzelnen Lieferungen zugehen werden, einer gütigen Durchsicht zu unterziehen um sich zu überzeugen, ob dasselbe auch der Ehre werth ist, welche Sie ihm angedeihen lassen wollen.
Ich verharre in aller Ergebenheit und treuer Bundesgenossenschaft
Dero
aufrichtiger Bewunderer und Diener
Hellwald
a gestr.: FRIEDRICH V. HELLWALD REDACTION DES “AUSLAND“.