Rautenfeld, Paul von

Paul von Rautenfeld an Ernst Haeckel, Berlin, 29. Dezember 1908

Berlin, d. 29. Dezember ’08

Hochgeehrter Herr Professor.

Eben in Berlin aus Riga eingetroffen, werde ich mir das Vergnügen machen Sie und Ihre Frau Gemahlin übermorgen zu besuchen. Leider kann ich bloß einen Tag in || Jena bleiben, weil ich vor meiner Einschiffung in Marseille am 14ten Januar, noch geschäftlich in Hamburg mehrere Tage zu tun haben werde.

Ich trete meine Rückreise nach China unter den denkbar traurigsten Eindrücken an. Vor ein paar Wochen verschied mein inniggeliebter alter Vater, nachdem er infolge eines Schlaganfalls zehn Tage lang sprachlos dalag, so daß er trotz scheinbar ganz klarem Bewußtseins || mir kein Wort des Trostes und des Abschieds hat sagen können. Ich kenne nichts Schmerzlicheres als ein so stummes Auseinandergehen auf immer!

Ich hoffe in meines teuren Vaters geliebtem Jena, das ja auch ich lieb zu gewinnen gelernt habe, Linderung meines herben Kummers zu finden, sowie später in der herrlichen Tropennatur Ceylons, wo ich bei Freunden || einige Wochen unterwegs zu verweilen beabsichtige.

Mit meiner besten Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin verbleibe ich Eurer Exzellenz

ganz ergebenster

P. v. Rautenfeld

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
29.12.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 22306
ID
22306