Paul von Rautenfeld an Ernst Haeckel, Swatow, 15. Januar 1907
Swatow, den 15. Januar 1907
Hochgeehrter Herr Professor.
Vielen Dank für die Volksausgabe der „Lebenswunder“ und für Professor Dodel’s „Ernst Haeckel als Erzieher“. Erstere hatte ich gleich nach dem Erscheinen der ersten Auflage des Ergänzungsbandes Ihrer „Welträtsel“ für sehr wünschenswert gehalten und Dodel’s Buch gehört meiner Meinung nach zu den geistreichsten und schönsten Darstellungen Ihrer Lebensarbeit.
Als der Herausgeber derselben, Dr Koehler, sich im vorigen Herbste || an mich mit der Bitte wandte über Sie als Erzieher ihm eine ausführliche Abhandlung einzusenden, laborierte ich gerade wieder einmal an meinen Augen und konnte daher seinem ehrenvollen Antrage nicht willfahren, wie ich denn überhaupt zu wenig Muße in meiner Stellung habe, um schriftstellerisch thätig zu sein. Nun hat diese Aufgabe ein bewährter Schriftsteller glänzend gelöst.
Ihre reizenden Ceylon-Bilder in obiger Broschüre finde ich ungemein naturgetreu und ich hoffe, daß sie bald in farbigen Tafeln sich zu den „Wanderbildern“ gesellen werden.
Leider werde ich während meines bevorstehenden Urlaubs mein geliebtes || Taprobane, welches mir besonders durch Ihre indischen Reisebriefe ans Herz gewachsen ist, wahrscheinlich noch nicht wiedersehen können. Meiner Augen wegen beabsichtige ich bereits im April dieses Jahres über Japan und Nord-Amerika heimzukehren und meine Rückkehr nach China im Januar 1909 werde ich wohl nur direkt über Nord-Indien und Burma bewerkstelligen können. Ceylon bleibt mir denn für meinen übernächsten Urlaub erspart, wo ich mir vornehme einen ganzen Winter unter den Kokospalmen Ganduwa Plankton zu fischen.
Da dieser Brief Sie wohl um den 16ten Februar erreichen wird, so sende ich Ihnen hiermit, hochverehrter || Herr Professor, meine herzlichen Glückwünsche zum Geburtstage.
Mögen Sie diesen Tag bei voller Gesundheit noch oft erleben zur Freude Ihrer vielen Freunde und Verehrer.
Ihr ganz ergebener,
P. v. Rautenfeld