Emil Rade an Ernst Haeckel, Münster in Westfalen, 11. Oktober 1876.
Münster den 11. Oktober 1876.
Hochgeehrter Herr!
In der Annahme, daß Sie von Ihrer Reise wohl und befriedigt zurückkehrt sind und noch etwas Zeit für meine Album-Angelegenheit übrig haben, erlaube ich mir Ihnen mitzutheilen, daß noch fortwährend Photografien und Beiträge eingehen, sodaß ich jetzt – ohne Ihre eigene Zusendung – ca 40 Photografien und 340 Mark in Händen und noch mindestens 50 Photografien mit entsprechenden Geldbeiträgen in sicherer Aussicht habe. Obwohl ich überzeugt bin, daß Alle die, welche für Darwin’s Lehren geschrieben, meine Einladung erhalten haben, so möchte ich doch an einige, die uns eigentlich nicht fehlen dürfen, noch besonders schreiben, wenn Sie im Stande wären und die Güte haben wollten, mir deren genauere Adressen anzugeben. Es sind dies z. B. du Bois-Reymond, Zoellner, Schleiden, Jaeger, Oscar Schmidt, du Prel, Carus Sterne. Eduard von Hartmann?a Mit dem Maler Fitger, dem Dichter des Darwinismus, habe ich auch – dank Ihrer gütigen Notiz – Fühlung bekommen; derselbe ist zu jeder Unterstützung unserer Sache bereit und erlaube ich mir auf seinen Wunsch Ihnen hierbei den Entwurf zu einer Skizze, die derselbe unentgeldlich [!] liefern will, sowie das zugehörige Schreiben an mich, mit der Bitte einzusenden, ein Urtheil über die Skizze ihm oder mir zukommen zu lassen. In solchen Sachen sind zwar die Maler selbst die competentesten Richter, da Hr. Fitger aber an Ihrem Urtheil, hochgeehrtester Herr, viel gelegen ist, so lege ich Ihnen die Sache vor; durch die Ausführung seines Versprechens wird mich Hr. Fitger einer großen Sorge entheben, || unserem Album aber einen besonderen Werth verleihen. Ende dieser oderb der nächsten Woche werde ich selbst nach Bremen fahren um das Weitere dort zu besprechen.
Noch eine Bitte hätte ich an Sie zu richten, hochgeehrter Herr Professor. Ich wollte nämlich am Schluß des ganzen Unternehmens eine kleine Broschüre über die Geschichte dieses Albums – einschließlich meines Rechenschaftsberichtes – drucken lassen und an die Betheiligten vertheilen und wäre mir zu diesem Zwecke die Einsicht in die dieserhalb auch an Sie gelangten Briefe – unter Anderen des Tyrolers Deublerc – wohl erwünscht, doch überlasse ich ganz Ihrem Ermessen, in wie weit solches, ohne jeden Verdacht einer Indiskretion, ausführbar ist.
Mit dem allerherzlichsten Danke für jede mir Ihrerseits gewährte und noch zu erwartende Unterstützung und Förderung des Unternehmens Ihr
getreuester Verehrer
Rade
a eingef.: E. von Hartmann?; b eingef.: dieser oder; c irrtüml.: Doebbler