Ernst Reimer an Ernst Haeckel, Berlin, 21. Juni 1871
Juny 21. 71. Berlin
Lieber Ernst
Obschon ich wegen unerwarteter dringlicher Arbeiten im Geschäfte bisher noch a nicht die Zeit gefunden habe, mich mit Eifer auf Kupferstecher-Jagd zu begeben, so schreibe ich Dir doch heute schon in dieser Angelegenheit und zwar um deswillen, weil Albert Schütze Deiner Tafeln wegen wieder bei mir war, eine kindliche unbezähmbare Neigung für Deine Tafeln bekundete, Dir seine beifolgenden Leistungen zuzusenden bat, sich auch alle nur mögliche Mühe zu geben versprach und auch in seiner Preisforderung sichb sehr menagirte.
Wenn Du nun außerhalb Berlins || einen Dir convenirenden Kupferstecher noch nicht gefunden hast, so möchte ich Dir jetzt doch rathen, den Schütze an einer leichten Tafel seine Probe ablegen zu lassen, denn ich habe gemerkt daß daß [!] er nicht pecuniae sondern nur honoris causa für Dich zu arbeiten wünscht und glaube deshalb, er wird sich alle Mühe geben, um Deine Originale richtig zu verstehen und Deine Zufriedenheit sich zu erwerben; fällt seine Probe schlecht aus, so will er seine Arbeit auch nicht bezahlt haben. Wenn Du also mit mir einverstanden bist, so laß mir eines Deiner Originale zukommen; jedenfalls haben wir dann mit einem fleißigen und sehr honetten Menschen || zu thun.
Unsere Clarissa ist heute Morgen 81/4 Uhr mit knapper Noth noch fortgekommen, hoffentlich aber ohne sonstige Unfälle bei Muttern angekommen.
Mit herzlichen Grüßen besonders für Deine Agnes.
Dein treuer Ernst Reimer
a gestr.: die; b eingef.: sich