Rodenberg, Julius

Julius Rodenberg an Ernst Haeckel, Berlin, 14. September 1898

DEUTSCHE RUNDSCHAU

EXPEDITION U. REDACTION:HERAUSGEBER:

GEBRÜDER PAETEL IN BERLINJULIUS RODENBERG IN BERLIN

W., LÜTZOWSTR. 7.W., MARGARETHENSTRASSE 1.

BERLIN W., DEN 14. Sept. 1898.

Hochgeehrter Herr Professor!

Schon längst ist es mein Vorsatz geworden, Sie zu der neu gewonnenen Doctorwürde von Cambridge zu beglückwünschen, wozu Sie mir nun den schönsten Anlaß bieten, indem Sie durch Uebersendung Ihrer – schon vor dem Druck berühmt gewordenen – Congressrede mich auf den Schauplatz Ihres jüngsten Erfolges versetzten. So verbindet mit dem Glückwunsch sich der herzlichste Dank; denn ich betrachte es als eine besondere Auszeichnung, daß dieser Vortrag, der auch in Deutschland einen gewaltigen Eindruck machen wird, zuerst bei der „Rundschau“ erscheinen soll. Ich habe Ihnen Platz im Novemberheft für Sie geschafft u. Ende dieses Monats wird Ihnen die Correctur zugehn; haben Sie nur die Freundlichkeit, Ihre Badener Adresse mir rechtzeitig mitzugeben.

Noch eine Bitte! Würden Sie, mir zu Liebe – darein willigen, daß die Virchow betreffende Stelle fortbleibt? Daß diese scharfe Abfertigung verdient sein mag, will ich eben so wenig in Zweifel ziehen, als es Sie zu rühren braucht, daß mira bei mei-||nem langjährigen Verhältnis zu dem alten Herrn persönliche Unannehmlichkeiten daraus erwachsen werden. Aber ich glaube, daß auch ohne diese Polemik Ihrer Meinung scharf u. deutlich genug ausgesprochen ist; daß, wie Sie die „Angriffe von sogenannten exacten Anthropologen“ erwähnen, Jeder sogleich weiß, auf wen u. auf was sich das bezieht u. daß es darum vielleicht nur um so stärker wirkt, wenn Sie alles Weitere dem Leser allein überlaßen. Doch Sie haben zu entscheiden; was ich hier vorgebracht, ist ein Wunsch, keine Bedingung, u. ich bitte nur, daß Sie mich umgehend mit einem Worte verständigen wollen, worauf das MS. sogleich in die Druckerei gehen wird. Das Blatt der „Nationalzeitung“, das Sie die Güte hatten, mir zu senden u. das anbei zurückerfolgt, war mir, als ihrem regelmäßigen Leser, bereits bekannt; es freute mich unendlich, daraus zu ersehen, welcher Ehren Sie in der altwürdigen englischen Universitätsstadt theilhaftig geworden. Inzwischen habe ich auch einen sehr hübschen kleinen Aufsatz über die neunte Auflage Ihrer „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ von Wilhelm Bölsche erhalte, der in einem der nächsten Hefte erscheinen wird. Er ist mir recht aus dem Herzen geschrieben; denn ich kann Ihnen gar nicht sagen, was Alles ich diesem Buche verdanke – wie es mir, als ich es vor Jahren zuerst las, den Blick für die Naturwissenschaft eröffnete, der ich bis dahin fremd gegenüberstand, wie es mich dafür erwärmt hat. Und indem ich alles Dessen gedenke, was die „Rundschau“ seitdem || Ihnen schuldet u. zugleich mit hoher Befriedigung empfinde, wie Sie durch die vielen Jahre hin ihr treuer Freund geblieben sind, da möchte ich auch an Das erinnern, was Sie bei unserer vorjährigen Begegnung in Weimar meiner Frau sagten: Daß Sie nämlich Ihre Reise in Rußland zu beschreiben gedächten. Haben Sie diese Absicht ausgeführt u. sollte nicht auch das Etwas für die „Rundschau“ sein? Bitte sagen Sie mir hierüber gelegentlich ein Wort; u. nun genug für heute. Meine Damen vereinigen Ihre Grüße mit den meiningen u. ich bin

in aufrichtiger Verehrung

Ihr

Dr. Julius Rodenberg.

a eingef.: mir

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.09.1898
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 20267
ID
20267