Rottenburg, Paul von

Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Glasgow, 18. Oktober 1880

Holmhurst

Dowanhill Gardens

Glasgow 18/10. 80.

Liebster Freund!

Tausend Dank für Ihren herzlichen Brief! Er kam grade zur rechten Zeit, und war das reine Oel auf die Wellen meines Unwillens über unseren gemeinschaftlichen Interlakener Freund Steiner. Die Sendung von ihm war nämlich grade angekommen – die Uhr lag lose in der Kiste und den Hirsch musste ich zusammen suchen – dass nicht noch mehr zerbrochen, ist mir eigentlich ein Räthsel. Ein Bein war || in Papier gewickelt an das dreibeinige Geschöpf angebunden, und sah es so aus als ob das bereits in Interlaken geschehen sei. –

Ich will nur hoffen daß Ihre Sachen wenigstens besser angekommen sind. Ich glaube ich werde im nächsten Jahre nach Interlaken müssen, um Steiner Grobheiten zu machen. – Aber, wie gesagt, der Aerger verrauchte sofort beim Lesen Ihres interessanten Briefes, der mich effectiv auf meinen Trümmern antraf. – Daß die Genfer Leibbinde und die von mir verordnete Suppe Sie wieder auf den Damm || gebracht haben und Italien ihre Reise so famos beendet hat, freut mich sehr. Lieb ist es mir aber doch daß ich, der Pflicht gehorchend, von Genf zurück ging. – Ich besah mir in Genf noch die Bildergallerie lief in der Stadt umher, – bestieg vom Quai des Alpes aus per sehr guten Telescop den Mont Blanc und war Tags darauf bei kaltem Regenwetter in Paris – und Donnerstag Abend in London. – Freitag hatte ich geschäftlich zu thun und vor Sonnabend Heim. Meine Frau hatte mir bereits nach || London geschrieben, daß sie unserer Jüngsten wegen sehr in Sorge und ich fand das arme Kinda recht elend vor – sie hatte eine Art Unterleibsentzündung gehabt. 14 Tage zu Hause wurde meine Frau, in Folge der Aufregung, plötzlich krank und vor der Zeit von dem 2ten Töchterchen entbunden. Gottlob ging Alles gut und heute nach 14 Tagen gedeiht die Kleine bei einer Amme und meine Frau erholt sich schnell. – Sie sehen – Holmhurst ist kein Castle gegen Krankheit und Ungemach gewesen – aber wenn alles gut abläuft || soll man zufrieden sein. Sie machen hoffentlich nicht gleiche Erfahrungen bei Ihrer Rückkehr. – Ich zehre und habe nach noch Nahrung auf lange hinaus an unseren schönen Reiseerinnerungen. Thun –Wengen Alp – und Kleine Scheidegg und Giessbach möchte ich oft zurück zaubern können. Ihr Farren vom Gießbach (Hirschzunge) und die Flechte gedeihen famos – auch die andere botanische Ausbeute ist gut angekommen und die Schweizer Felsen||partie, auf der sich die alpine Flora malerisch gruppirn soll, wird demnächst in Angriff genommen. – Ich werde Viel aufbieten müssen, um nach Mr. Browns Schloß noch Effect bei Ihnen zu machen. Könnte Sie ein künstlicher „Gießbach“ mit wirklichen Chateaubriands à la Bordelaise locken. –

Einliegend einige Marken für Freund Walter. –

Ich komme dagegen bei Ihnen Etwas Challenger Ooze betteln – ich werfe mich jetzt auf Präpariren || von mikroskopischen Objekten.

Ihrer lieben Frau die herzlichsten Grüße – ich hoffe sie hat seiner Zeit eine gute Reise gehabt und hat die Kinder wohl angetroffen. – Meine Frau grüßt Sie bestens. –

Immer

Ihr

treu ergebener

Paul Rottenburg

a eingef.: das arme Kind

 

Letter metadata

Gattung
Empfänger
Datierung
18.10.1880
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 20000
ID
20000