Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Glasgow, 4. Dezember 1904
Holmhurst,
Dowanhill Gardens,
Glasgow
4 Dec. 1904.
Liebster Freund!
Tausend Dank für Deine lieben Zeilen vom 22/11. und die damit angekündigte – gestern eingetroffene und nach dem Conzert ausgepackte Bücherkiste. Welche reiche Bescherung! Du lieber Weihnachtsmann Ich – Wir – freuen uns riesig über unsere Schätze. Letzten Donnerstag versuchte Sir Oliver Lodge Dich zu erschlagen. Ihm folgte mit einigen Bemerkungen mein Freund Professor Jones (Professor of moral Philosophy). Der Dritte im Bunde war || the Principal: Prof. Story, dessen heftigster Angriff ungefähr der war daß das Buch „Welträthsel“ so billig: Sixpence. Lodge stellt sich auf du Bois Reymonds Standpunkt des „Ignorabimus“ und warf Dir vor daß Du noch kein Protoplasma hergestellt hättest. Dann daß Du Kant nicht verstanden hättest aber ohne Angabe des „Worin?“ Alles anständig gehalten – aber amüsant dieser Versuch Denjenigen zu diskreditiren der es wagt den Schleier zu lüften und dem gewöhnlichen Sterblichen einen Einblick gewährt in || das „Allerheiligste“ ihrer argwöhnisch bewachten Tempel wie sie sich auch immer nennen. Mir fielen immer wieder die aegyptischen Tempel mit ihrem „Allerheiligsten“ ein. Nur die Ausschmückung hat sich geändert – heute wie damals darf die Sonne nicht hineinscheinen und kein Unbefugter sich hineinwagen. Auch ist die Todesstrafe nur eine wissenschaftlich moralische und keine körperliche mehr. – Uebrigens soll Rai Lancaster Lodge stark attaquirt haben. –
Zu ganz besondern Dank verpflichtet mich auch Dein || Gaumen Bekenntniß. – Mit Dundee Marmelade warte ich bis zur neuen Campagne im Feb./März. –
Ganz besonders gerührt hat es mich daß die „Weltwunder“ und ich Zwillinge sind. Das macht mich ganz stolz. –
Daß es Euch und Kindern gut geht ist die beste Weihnachtsbescherung – hoffentlich bleibt es so. – Allen Alt und Jung Groß und Klein die herzlichsten Grüße.
Ever and Ever
Dein
Paul Rottenburg