Weiß, Luise

Luise Weiß an Ernst Haeckel, Berlin, 14. Februar 1861

Lieber Ernst!

Ich hatte mich so darauf gefreut Ihnen und Dr. Barth’s Geburtstag Sonnabend bei mir zu feiern, glaubte am vorigen Sonnabend mit Ihrer Mutter die feste Verabredung getroffen zu haben – die freilich selbst nicht zu mir kommen wollte – des Vaters Bedenken hoffte ich zu überwinden – genug – ich freute mich! Da bringt mir Clementine gestern Nachmittag den Antrag: meine Gesellschaft Sonntag zu geben! aber das geht nicht. Prof. Braun’s, bei denen ich gestern war, freuten sich wahrhaft meiner Einladung zu Ihrem Geburtstag – und – könnten Sonntag gar nicht, wo junge Leute bei ihnen sind. Aehnlich bei Parthey’s, die Sonntags ihre Familie bei sich haben und mir auch schon für Sonnabend zugesagt haben. – Aber nun die Hauptsache: Vorgestern war Dr. Barth bei mir und wollte mich zum Sonnabend einladen – ich glaube, zu Mittag und „Häckel’s“ dazu; dies wurde aber von mir sogleich lebhaft zurückgewiesen und Er nahm auch meine Einladung zum Sonnabend Abend mit Freuden an; ich sagte ihm: daß ich Mittags bei Ihnen (Häckels) äße, daß ich vermuthete, Er würde auch eingeladen, daß ich aber das nicht sicher wüßte. ||

Nun sagen Sie selbst, ob ich an Barth an Braun’s – an Parthey’s sagen kann: Kommt Sonntag! Das geht doch wirklich nicht; und ich wollte den Doppel Geburtstag feiern – nicht am Sonntag Gesellschaft geben.

Daß unsre herzliebe Anna krank war – das können Sie denken, geht mir nah; aber solch Uebel überwindet sich mit einigen Tagen Ruhea gänzlich; und sollte es Sonnabend nicht gut seyn – ? so wäre für Sonntag aber auch keine Sicherheit. Hoffen wir also auf Anna’s Herstellung! ich werde diesen Nachmittag zu ihr und ihrer Mama gehenb Letztre zu Sonnabend einladen zu dürfen – war mir eine so willkommene Veranlassung.

Ich war gestern Abend so ärgerlich und niedergeschlagen daß mir ganz unwohl war; natürlich quälte mich der Gedanke: daß ich alles Gesellige oder doch Gesellschaftliche meiden und lassen müsste und still für mich bleiben! aber es ist mir ja nicht um Gesellschaft, sondern um Beweise von freundschaftlicher Gesinnung. Nun habe ich Ihnen Alles mitgetheilt und bin’s vom Herzen los. Was sich in der || Sache thun lässt – scheint mir – ist: daß am Sonnabend Abend zu mir kommt wer irgend kann und will.

Adieu mein lieber guter Ernst! ich habe lieber geschrieben; auch habe ich, und muß noch mehr Droschken verfahren und Zeit dazu. Vielleicht spreche ich Sie noch vorher. Tausend Grüße an Vater und Mutter von Ihrer

getreuen und Sie

herzlichliebenden L. Weiß.

a eingef.: Ruhe; b eingef.: gehen

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
14.02.1861
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 16594
ID
16594