Schultze, Max

Max Schultze an Ernst Haeckel, Bonn, 11. Februar 1865

Bonn 11 Februar 1865.

Mein lieber Haeckel!

Indem ich Deinen vorzüglichen Aufsatz über die Rhizopoden zum Druck abzugeben im Begriff bin und noch einmal genau durchsehe kommen mir doch die ernstlichsten Bedenken, denselben in meinem Archiv zu publiciren. Meine Person spielt in Deiner Arbeit eine so hervorragende Rolle, daß sich schließlich mein Inneres dagegen sträubte, an deren Publikation direct betheiligt zu sein, wie ich es als Herausgeber wäre. Ueber den anderen Grund, der mich bestimmte, Dir in meinem ersten Briefe Bedenken zu äußern – nämlich die Unlust Reichert gleich im ersten Hefte Veranlassunga zu geben sich einzubilden als || achte man viel auf sein Werk – wäre ich hinweggekommen, und ich meldete Dir daher die Annahme; über diesen, welcher zarterer Natur ist komme ich nicht hinweg. Man könnte glauben ich hätte einen gewissen Antheil an der Entstehung des Aufsatzes, in welchem Du mit soviel Erfolg meine Partei nimmst, und ich möchte den Schein gern vermeiden. Beträfe es einen anderen wie mich, mit tausend Freuden würde ich der Wahrheit, auch wenn es in harten Ausdrücken geschehen muß, zu ihrem Rechte verhelfen, doch in diesem Falle bin ich zaghaft und ich habe das bestimmte Gefühl, als müßte ich, um mir nicht die Freude an meinem || Unternehmen zu trüben, wünschen, daß diese glänzende Vertheidigung meiner Ansichten gegenüber Reichert an einem anderen Orte zum Abdruck gelange. Ich hoffe Du verstehst mich recht und erkennst an, daß es sob besser sei. Esc thut mir sehr leid auf diese Weise die Gelegenheit aus der Hand zu lassen, Dich in dem ersten Hefte vertreten zu sehen, ich komme um einen Aufsatz wie er mir sachlich nicht besser passen konnte, und um eine wunderschöned Tafel. Deßhalb ist mir der Entschluß nicht leicht geworden. Dennoch bin ich überzeugt daß ich ihn fassen mußte. Wie wäre es denn aber, wenn Du mich entschädigtest? Kannst Du mir nicht einen für die Jenenser Annalen bestimmten Aufsatz || überlassen und diesen dafür hineinnehmen? Deine Tafel ist schon bei Wagenschieber und so gut wie fertig – kann also in kürzester Frist gedruckt werden. Das Format wird passen. Bitte antworte mir gleich und falls sich kein Tausch arrangiren läßt bestimme, was iche mit Deinem Aufsatz machen soll. Siebold und Kölliker lassen auch bei Wagenschieber arbeiten, könnten also die Tafel übernehmen. Ob es Troschel thun würde ist zweifelhaft, weil der die Kosten immer scheut.

Bitte beruhige mich bald darüber, daß Du mir nicht zürnst und sei auf das Herzlichste gegrüßt von

Deinem

unverändert treuen

Max Schultze.

a korr. aus: Gelegenheit; b eingef.: so; c korr. aus: Das; d korr. aus: wunsderschöne; e korr. aus: nun

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
11.02.1865
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 16510
ID
16510