Alexander Sokolowsky an Ernst Haeckel, Stellingen, 15. Dezember 1908
DR. PHIL. ALEXANDER SOKOLOWSKY
ZOOLOGISCHER ASSISTENT IN
C. HAGENBECK’S TIERPARK
STELLINGEN BEI HAMBURG
STELLINGEN, 15. Dezember 08
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Nehmen Sie meinen herzlichsten, aufrichtigsten Dank für die liebenswürdige Uebersendung der Bücher, ich habe mich darüber sehr gefreut.
Die grosse Ausgabe der Welträtsel habe ich mir erlaubt für mich zu behalten, denn Herr Hagenbeck interessiert sich für allgemein zoologische Fragen nicht. Bei seiner Grösse als Tierimporteur und Schausteller hat er dennoch für solche reinwissenschaftliche Themata kein Interesse, da er ein sehr einseitiger Kaufmann ist. Für mich hat das Buch || aber um so mehr Wert, als ich nur die Volksausgabe der Welträtsel besass und mich ausserordentlich freue, die grosse Ausgabe nunmehr auch zu besitzen. Auch die anderen Bücher haben mir grosse Freude bereitet und sage ich Ihnen nochmals meinen herzlichsten Dank.
Nun hätte ich noch eine grosse Bitte. Wie Sie vielleicht erfahren haben, wird auf 1. Mai die Directorstelle am hiesigen Zoologischen Garten frei, da Herr D. Bolau a aus Altersrücksichten dann sein Amt niederlegt. Ich habe mich natürlich sofort gemeldet, da ich selbstredend gerne selbständig sein möchte und auch, da ich doch verheiratet bin, mich pecunniär gern verbessern möchte. So sehr gern ich im Hagenbeck’schen Tierpark bin und so sehr interessant || es dort ist, so werden Sie gewiss begreifen, dass ich diesen Vorteil gern gewinnen möchte. Herr Hagenbeck legt mir daher auch nichts in den Weg, so ungern er mich auch verliert. Ich habe mich daher bei dem Aufsichtsrat angemeldet und meine Bewerbung unter Beifügung meiner wissenschaftlichen Arbeiten eingereicht. Es wäre nun von grossem Vorteil für mich hierbei, wenn Sie als mein alter früherer Lehrer einige empfehlende Worte des Inhalts schreiben wollten, dass Sie in dem Schreiben auf meine frühere mehrjährige Studienzeit bei Ihnen in Jena hinweisen und dabei betonen wollten, dass meine allgemein biologischen Anschauungen, die ich mir in Jena holte, mir bei der Leitung eines neuzeitlichen Zoologischen Garten auf || biologischer Grundlage besonders zugute kämen. Ich stelle es Ihnen anheim, ob Sie ein solches Schreiben mir zusenden oder direct an den Vorsitzenden der Zoologischen Gesellschaft in Hamburg, Herrn Baron von Ohlendorff Hamburg, Alsterdamm, richten wollen. Sie würden mich dadurch sehr zu Dank verpflichten. Es müsste dieses aber bald geschehen, da die entscheidende Sitzung wahrscheinlich noch vor Weihnachten stattfinden soll.
Mit der Bitte mir meinen Wunsch nicht übel zu nehmen, da ich so sehr gern weiter kommen möchte, verbleibe ich mit hochachtungsvollen Grüssen stets
Ihr getreuer Schüler
Alexander Sokolowsky.
NB.
Ich war von Sommersemester 1887 bis und mit Sommersemester 1889 bei Ihnen in Jena.
a gestr.: verl