Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Jena, 8. April 1900

Jena, 8.4.1900.

Lieber und hochverehrter Freund!

Sei für Dein neues schönes Geschenk herzlichst bedankt. Wir haben die neue Lieferung der Kunstformen mit viel Freude durchgesehen und sind ebenso entzückt von der Herrlichkeit der Natur, wie von der Auswahl und der schönen Wiedergabe. Die Cyrtoiden sind prachtvoll; da könnte die ganze preussische Armee in geschmackvollerer Weise neu bekopft werden und der wundervolle Calocyclas monumentum giebt eine Kaiserkrone, die innen und außen von Gottes Gnaden protoplasmatischen Heiligenscheinen durchstrahlt ist. Auch die Tafel der Melethallien ist wunderbar; lauter Smaragdbroschen mit Perlen und Rubinen und dann die herrliche Discolabe, eine Staatsqualle in des Wortes vielfältigster Bedeutung! In meiner ziemlich elenden Körperverfassung || hat mich der Anblick des Heftes sehr erfrischt; auch in dieser Hinsicht sei Dir herzlichster Dank gesagt. Das Werk wird aber in steigendem Maaße in die Sinne der Beschauer eindringen und auf Geschmack und Kunstverständnis in vielleicht noch gar nicht zu ahnender Weise eindringen. Wenn wir nicht mehr leben, wird die Saat, die Du gestreut, zur Freude der Menschheit, ein wahrer Kultus des Schönen weiter wuchern.

Ich bin vorige Woche wieder zurückgeschlagen worden; ein kurzer Ausgang, da ich mich ein wenig besser fühlte, hat mir einen neuen Rückfall, ich glaube den 4. oder 5. eingebracht. Wenn meine Frau zurückkommt und ich reisefähig bin, will ich es mit der Luftveränderung versuchen. Hier habe ich den festen Glauben wiedergewonnen, d. h. der Glaube an die Ewigkeit des Winters und der Influenza.

Hoffentlich geht es Dir um || so besser und Deine Lieben geben Dir keinen Grund zur Sorge.

Mit herzlichstem Danke und vielen Grüssen an Dich und Deine liebe Frau

Dein getreuer

M. Fürbringer.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
08.04.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1330
ID
1330