Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Jena, 29. März 1900

Jena, 29.3.1900.

Lieber und hochverehrter Freund!

Aus meiner Einsamkeit möchte ich Dir doch ein Lebenszeichen geben und Dich zugleich bitten, mir mitzutheilen, wie es Dir und Deinen Lieben geht. Aber bitte nur mit wenigen Worten per Postkarte; komme ja nicht heraus, denn meine Nähe ist nicht ungefährlich.

Mir ists die letzte Zeit, seit ich Dich gesehen, herzlich schlecht ergangen. Schwere Influenza, die nicht weichen will, weil leider der Körper überangestrengt war und im Moment nicht die Kraft besitzt, die gemeinen Biester von Bacillen unterzukriegen. Vorgestern, als gerade die warme Sonne lockte, riskirte ich || einen halbstündigen Ausflug in die benachbarten Bergabhänge, alles dort frühlingsmäßig, – aber die Folge waren mehrere tüchtige Fieberanfälle, schlaflose Nächte und die Steigerung des heftigen Kopfwehes, das jede wirkliche Arbeit unmöglich macht. Meine Leistungsfähigkeit steht jetzt nicht höher als die einer Monere, aber die hat noch mehr Lebensgenuß als ich.

In Würzburg kann meine Frau sich gar nicht erholen, zudem ist Dr. Braus vorgestern an das Todtenbett seines Onkels in Karben (der ihm mehr als ein zweiter Vater war) gerufen worden, hat ihn aber nicht mehr lebend getroffen. Da Lisbeth an demselben mit grosser Liebe und Verehrung hing, sieht es auch bei ihr nicht gut aus. Vom Tode ist es wohl noch gar nichts mitgetheilt worden.

Wohin man sieht, Jammer und Elend! Es würde mich || erquicken, wenn Deine Mittheilung mir die Nachricht brächte, dass es bei Euch gut geht, dass Ihr wieder oben seid.

Ich sende Dir und Deinen Lieben inzwischen herzlichste Grüsse und Wünsche

Dein getreuer

M. Fürbringer.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.03.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1329
ID
1329