Tafel, Theodor

Theodor Tafel an Ernst Haeckel, Umbulu, 14. Juli 1912

Umbulu, 14.7.12.

Sehr verehrter Herr Professor.

Die „Welträthsel” wiederlesend, finde ich Seite 114, Absatz „Christenthum” die Feststellung: „der Madonnenkultus ein weiblicher Monotheismus”.

Es wird Sie vielleicht interessieren, zu hören, daß unsre schwarzen Landsleute und Mitbesitzer unsterblicher Seelen das auch schon herausgefunden haben.

In der Nähe des Kilimandjaro stationiert, genieße ich den Vorzug, || eine erkleckliche Anzahl evangelischer und katholischer Missionare mehr oder weniger friedlich nebeneinander wirken und sich entgegenwirken zu sehen.

Treffe ich da kürzlich einen Mohren, der sich aus praktischen Gründen bei beiderlei Missionen sein Seelenheil hat garantieren lassen und frage ihn, was er zwischen beiden für einen Unterschied herausgefunden habe. Ohne Besinnen sagt er: „Bei den Wa-deutschi ist der Gott ein Mann, bei den Wa-fransa || eine Frau.”

(Die Wadeutschi sind Angehörige der Baseler oder Leipziger pp Mission und wirken in deutschem Sinn. Die Wafransa sind pères blancs oder pères noires oder vom St. Esprit oder sonst so was, rekrutieren sich aus Frankreich, oder Belgien oder dem nach ihrem Atlas französischen Elsaß; Mutterhaus in Algier oder sonstigen schwarzen Landen. Ihre Weisungen erhalten sie von der antigermanischen Propaganda Fidei direkt. Doch dies nur nebenbei). ||

Mit vorzüglicher Hochachtung

Tafel

Oberleutnant.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.07.1912
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12818
ID
12818