Zalisz, Fritz J.

Joseph Fritz Zalisz an Ernst Haeckel, 09. Mai 1915

Leipzig, den 9. V. 15

Sehr geehrter Herr Professor!

Mit größtem Schmerz habe ich erst jetzt Kenntnis von dem Sie betroffenen Unheil a genommen. Seien Sie meines herzlichsten Beileides gewiß.

Gleichzeitig erlaube ich mir zu Ihrem 50. Professorenjubiläumb zu gratulieren (leider bin ich gezwungen beide Ereigniße in ihrer Ungleichheit hier folgen zu lassen.)

Daß ich mit meinem Schreiben zu spät komme liegt daran, daß ich die letzten Wochen schwer krank darniederlag und mit dem Leben so ziemlich abgeschlossen hatte. Wärend [!] dieser Zeit schuf ich beiliegendes Blatt daß [!] gewißermaßen den Abschluß meiner Arbeiten bilden sollte, da ich nicht glaubte diese Krankheit zu überwinden.

Erlauben Sie mir bitte Ihnen den Gedankengang dieses Blattes aufzurollen:||

Eine Naturerscheinung. (Gewitter, Blitz u. anderes) Der naive Mensch der sich selbige nicht erklären kann – fällt nieder und – betet sie an.

Der stehende Akt (der aufgeklärte Mensch) versucht seinen Mitmenschen über

dessen Zustand hinwegzusetzen.

Daß [!] was eben im Bild in der Landschaft vor sich geht – wiederholt sich unten in der Leiste.

Knieende Menschen vor der mißverstandenen Natur – dahinter der energische, aufgeklärte Mensch. Die beigefügten Masken weißen [!] auf die Historie der Verehrung der Wetterwolke hin. Rechts der primitivsten Götze der dann links in der Pallas Athene seinen Höhepunkt erreicht hat.

Das Zitat „Betet nicht mehr u.s.w.“ habe ich der Eulenbergischen Dichtung „Ikarus und Daedalus“ entnommen.

Ich hoffe Ihnen mit diesem Blatte eine kleine Freude bereiten zu können, daran Sie ja jetzt

gerade so bedürftig sind und grüße Sie in Verehrung und Dankbarkeit

Ihr J. Fritz Zalisz.

a gestr.: K; b korr. aus Proffessorenjubiläum

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
09.05.1915
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12593
ID
12593