Hermann von Ihering an Ernst Haeckel, Sao Paulo, 22. Dezember 1897
MUSEU PAULISTA
SÃO PAULO
CAIXA DO CORREIO, 500
22. Dezember 1897
Verehrter Herr College!
Sie würden mir einen besonderen Gefallen erweisen wenn Sie mir Ihre Biographie von Fritz Müller senden wollten die ich gern in der meinigen berücksichtigen wollte. Sollten Sie keine Separat Abdrucke haben so senden Sie mir eventuell das betreffende Heft resp. Band der Jena. N. Zeit. für meine Bibliothek. Ich werde nämlich demnaechst für Tausch Ihnen Bd. III unserer Revista zugehen lassen und steht auch Bd. I (durch Friedlaender) zu Diensten. Sollte es angaenglich sein uns auch von früher erschienenen Jahrgängen noch einiges abzugeben, so waere das uns eine hocherfreuliche liberale Unterstützung.
Ich habe unser Museum ganz nach deutscher Art organisirt mit gutem Erfolg, nur kurze Zeit schwer gestoert durch einen deutschen Assistenten Dr. Ludwig Reh der jetzt in Zürich Zettel schreibt und hier nur intrigierte um an meine Stelle zu kommen. Jetzt habe ich zwei junge Nordamerikaner.
Im Jahr 1888 war ich mit Familie in Deutsch-||land und hatte Sie besuchen wollen aber nicht zu Hause getroffen.
Ist Ihnen nicht bekannt als das Schicksal der von Fritz Mueller an das Museum in Rio gesandten zahlreichen Arbeiten. Sie sollen da „verloren“ sein und vielleicht gelingt es mir aus den für mich bestimmten Original-Manuskripten, die aber schwer leserlich sein sollen sie für meine Revista zu retten. Mit 20 Jahr der Einnahmen von 200 Reis beraubt (soviel hat mein 1ter Diener) und dann die Manuskripte verbummelt – das ist das Rio National-Museum“, jetzt ohne Fachzoologen, bei dessen „Reorganisierung“ man Fritz Mueller, Goeldi und mich an die Luft setzte…!
Ich kann nicht klagen, aber ein undankbares Martyrium ist stets solch ein vorgeschobener Posten in einem Milieu, das für die betr. rein wissenschaftlichen Bestrebungen kein Verstaendniss hat.
In ausgezeichneter Hochachtung
Ihr
ergebener
Hermann von Ihering