Hans Gadow an Ernst Haeckel, Cambridge, 15. April 1899
CLERAMENDI, | Gt. Shelford,
Cambridge.
15 April 1899
Mein lieber, verehrter Lehrer und Freund!
hiermit mache ich Ihnen die erfreuliche Mittheilung, dass The Last Link soweben in zweiter Auflage erschienen ist! Auf Wunsch des Verlegers und des Publicums habe ich ein Glossar zugefügt, sonst aber alles gelassen wie es war, mit Ausnahme einiger unbedeutender Correcturen im Text und in den Anmerkungen. ||
Gewiss wird es Ihnen Spass machen die Recensionen und ähnlichen Bemerkungen durchzulesen. Es ist zwar nicht viel darin, aber doch ganz amuesant. Eine vernünftige Bemerkung erschien im Februarheft von „Natural Science". Zu komisch dass die Leute immer noch nicht Anpassung und Vererbung begreifen koennen.
Das schnelle Vergriffensein der ersten Auflage zeigt übrigens wie gross das Interesse an dem von Ihnen || wieder angeregten Problem ist.
Ich danke Ihnen herzlich fuer Uebersendung der ersten Nummern der „Kunstformen”. Ein ganz ausgezeichnet glücklicher Griff Ihrerseits. Moegen die uebrigen Lieferungen in freudig frischer Reihenfolge erscheinen!
Ich habe kürzlich eine kleine Arbeit ueber „Orthogenetic Variation”, an Schildkrötenschalen demonstrirt, in Dr. Willeyʼs „Results” erscheinen lassen. Wenn das Heft heraus ist, erhalten Sie sofort ein Exemplar. Es würde mich freuen wenn Sie mir Ihre Meinung darüber sagen wollten. || Es ist wieder die alte Geschichte: Anpassung und Vererbung und darauf beruhende und daraus resultirende Weiterentwicklung in dem einmal fuer gut befundenem Wege, daher orthogenetisch (Gadow, nec alii) und vorvaeterliche Reminiscenzen erscheinen dabei als sogenannte Variationen. Letztere in diesem Falle natürlich in ganz anderem Sinne als etwa hin und her tastende Schwankungen. Aber Sie werden ja sehen!
Meine Frau ist verreist. Sonst würde sie Ihren verehrten Freund Haeckel gewiss auch bestens grüssen, ebenso wie Ihr Ihnen dankbar ergebenster
HGadow.