Teszóck, Charles A.

Charles A. Teszock an Ernst Haeckel, Budapest, 26. November 1900

Hochgeehrter Herr Professor!

Wahrer Verteidiger der natürlichen Menschen-Rechte!

Verzeihen Sie mir, daß ich Ihnen noch nicht meinen Dank übersandte für Ihren freundlichen und mir so wertvollen Brief, in dem Sie mir die Adresse des Freidenkers mittheilten. Wenn ich auch nicht in Worten meinen innigsten Dank sagte, um desto mehr dachte ich an Sie, und dachte bei mir: was für ein freundlicher und lieber Mann dieser Haeckel ist, der mir so freundlich auf meine wenigsagenden Briefe antwortet.

Erlauben Sie, daß ich Ihnen etliche Zeilen in die weite Ferne sende, wo Sie weiteres Material suchen und auch finden werden für Ihre wehrtvollen und hochinteressanten Werke.

Es lachte mein Herz, als ich Ihre Zeilen laß im Freidenker, in welchem Sie sich von Ihren Freunden und Bekannten verabschiedeten. Aufrichtig gesagt, || auch ich nahm einen kleinen Theil dieses freundlichen Abschiedes, obgleich ich dazu gar kein Recht habe.

Ihr Werk, die Welträthsel habe ich schon zum 3 male durchgelesen, und wahrlich es machte mir jedesmal viel Vergnügen. Ich danke Ihnen von vollem Herzen für diesen Genuß, den Sie mir bereiten mittels Ihrem Werke. Ich entschädige mich theilweise dadurch, daß ich dieses Werk in meinem kleinen, aber geistig starken Kreise bekannt mache; ja sogar mit älteren Herrn wechsel ich Meinungsäußerungen über dieses Thema. Auch wechsel ich Briefe mit einem Herrn Mitarbeiter eines klerikalen Blattes, der leider mein Verwandte ist und früher auch mein Glaubensgenosse (Protestant) war, jetzt aber aus „materiellen Gründen“ ein verbissenes Werkzeug der Jesuiten wurde.

Diese Sachen schreibe ich nur deßwegen, damit Sie sehen, daß ich wahrlich, einem aufrichtigen Schüler des großen Freidenkers, Haeckel geziemend, meinen kleinen Kräften gemäß mitarbeite an den großen und herrlichen Werke, welches Darwin angefangen hat und Sie, großer Mann, fortsetzen, nähmlich an dem Siege der Wahrheit!

Jetzt erlauben Sie, daß ich Ihnen die Photographie meines kleinen, von mir selbst zusammengestellten mi-||kroskopischen Laboratorium’s sende, empfangen Sie dieses Kleinod als ein kleines, aber im vollsten Sinne des Wortes als ein aufrichtiges Zeichen meiner Dankbarkeit und Hochachtung gegen Sie.

In den letzten Wochen habe ich ein wahrlich interessantes Buch gekauft, nämlich Dodel Port’s Konrad Deubler. Daß es solch einen „ganzen Mann“ unter dem Volke gegeben hat, ist wirklich zum Staunen!

Endlich bitte ich Sie um Nachsicht, daß ich meine Zeilen jetzt an Sie richte, da Sie doch andere viel wichtigere Sachen haben, als meinen Brief zu lesen. Aber glauben Sie mir, es thut mir wohl, wenn ich manchesmal an so wahre Menschenfreunde schreiben kann. Auch nehmen Sie es mir nicht arg, daß ich mich unterstanden habe, diese Photographie an Sie zu senden.

Und nun, indem ich Ihnen viel Glück auf ihrer Reise wünsche, und eine baldige, fröhliche und freudenvolle Rückkehr, empfangen Sie die wahre Hochachtung und den herzlichsten Gruß von Ihrem

dankbaren Schüler, und Verehrer

Charles A. Teszock

stud. philosophiae

Budapest, 1900, XI. 26.

Apotheke zum Adler. Üllöer Strasse 105.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
23.02.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10961
ID
10961