Schleiden, Eleonore

Leonore Schleiden an Ernst Haeckel, Wiesbaden, 29. April 1900

Wiesbaden 29/4 1900

Geehrter Herr Professor!

Gestatten Sie, daß ich meiner Freude über Ihr letztes, hoffentlich nicht allerletztes Werk, „Welträthsel“ direkten schriftlichen Ausdruck gebe. So viel ruhige Klarheit und Bestimmtheit wirkt wahrhaftig herz- und geiststärkend auf den Leser ein, und gibt auf jeder Seite in seinen kurzen, abschließenden Sätzen den Beweis von tiefer Lebensarbeit. Es bedürfte eigentlich kaum der Erwähnung, daß ich allen Ihren Werken stets mit der meinem || Verständniß möglichen Antheilnahme gefolgt bin, dies letzte aber, zu dessen Lektüre ich leider erst jetzt kommen konnte, mir als ein „Resümé“ durchaus abschließend erscheint und dadurch die Befriedigung gewährt, die manche andere ähnliche Werke, z. B. D. F. Strauß’ alter und neuer Glaube mich vermissen ließen.

Daß Sie die – nicht unbedingt nöthige – Gelegenheit ergriffen auch meines Vaters mehrfach Erwähnung zu thun, hat meinem Herzen sehr wohlgethan. Leider habe ich seinen Namen sogar in einigen neueren || botanischen Schriften vermißt.

Ich möchte eigentlich gern noch eine Menge Einzelheiten aus Ihrem Buche citiren, die mir ganz besonders sympathisch waren, aber theils würden Sie mich wohl auslachen, theils arrogant finden, daß ich in solchen Dingen mitreden will, daher bescheide ich mich mit dem Ausdrucke meiner aufrichtigen Verehrung.

Leonore Schleiden

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
29.04.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10959
ID
10959