Wilhelm Bölsche an Ernst Haeckel, Friedrichshagen, 31. Dezember 1898
Friedrichshagen b. Berlin,
Ahorn Allee 19.
31.XII.98.
Lieber Herr Professor!
Ihnen und Ihrer verehrten Familie die herzlichsten Neujahrsgrüße von meiner Frau und mir. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, daß Sie in der versprochenen Weise meine Arbeit unterstützen wollen. Die Sache ist mit dem Verlag jetzt geregelt und ich gehe sobald wie möglich im neuen Jahr an die Arbeit. || Nach Jena komme ich auf alle Fälle in den nächsten Monaten. Ich werde den Besuch mit einem in Weimar verbinden, wo ich noch nie war (was eigentlich eine Schande für einen Verehrer Goethes ist!).
Ich freue mich, offen gestanden, auf diese Arbeit mehr als auf die meisten, die ich im Leben übernommen habe, und möchte sie stilistisch wie im Thatsachenmaterial so hübsch machen wie nur möglich. Ihre eigenen || Lebenserinnerungen müssen Sie aber über kurz oder lang auf alle Fälle schreiben, es ist gradezu ein notwendiges Buch für die innere Geschichte eines bestimmten Stückes menschlicher Geistesentwickelung, das nur Sie so geben können.
Sollten Sie mit Reimer´s Verlag grade in Berührung kommen, so sagen Sie vielleicht dort, daß meine lange und warme Kritik über die 9. Auflage der Schöpfungsgeschichte seit vielen Monaten bei der „Deutschen Rundschau" || liegt, aber immer noch nicht in Druck gegeben ist, − sie kommt aber auf alle Fälle! Es geht dort alles ein bisschen sehr langsam.
Mit allen guten Wünschen
Ihr W. Bölsche