Hermann Allmers an Ernst Haeckel, Rechtenfleth, 10. Mai 1900
Rechtenfleth
10. Mai 1900
Mein herzlieber Häckel
Mich verlangt noch einmal mein liebstes Stück Thüringerlandes zu sehn, Naumburg und die alte Rudelsburg, sodann Weimar Jena und vor Allen Dich mein theurer Haeckel, denn a Du hast mir wieder durch Deine Zuschrift und noch mehr durch Dein Buch vom Welträthsel wie auch Bölsches Schrift, die Dich so unaussprechlich unvergleichlich schildert und vor Allen einmal vom b monistischen Gottesdienste möchte ich einmal mit Dir reden ‒ so ganz wie Du meinst und ich es dunkel ahne, der herrliche Dienst des Wahren, des Guten und des Schönen denn darin ruhet doch allein das Ewige Heilige und Verehrungswürdige. ‒
Und die kleine Episode welche Bölsche uns beiden und unserem Herzensbund geweiht hat, fast war sie mir aus dem Sinn gekommen. Aber wie lebte sie wieder auf die fast Vergeßene. Ich kann Dir nicht sagen wie ich mich zu der kleinen Dichtung gefreut habe, wie ich von neuem wieder die glückseeligen Stunden verlebte, die mir selbst wieder wie Neu und Wohllautend klangen. Diese Dichtung soll auch mit einigen andern der neuen Auflage c beigefügt werden und wird ihr sicher gut thun. ‒‒‒ Und nun noch Eins. || Sage mir so genau wie Dir möglich. Wirst Du Reisen machen in den Ferien. Wann und wohin? Es ist nämlich gar nicht unmöglich, daß auch ich nach Jena komme. Und erst ganz herrlich wäre es, wenn Unser Walter auch in Jena wäre. Von Holstein hat er mich nicht besucht. Das muß er dies Jahr nachholen. ‒ Doch nun Grüße die lieben Deinen und lebe wohl
Dein treuer
H. Allmers.
a gestr.: Dich; b gestr.: der; c gestr.: meiner Dichtungen