Konrad Beisswanger an Ernst Haeckel, Nürnberg, 19. März 1908
KONRAD BEISSWANGER’S BUCHDRUCKEREI UND VERLAG.
NÜRNBERG, DEN 19.III.1908
a Tucherstr. 36.
Herrn Professor Dr. Ernst Haeckel
Jena.
Sehr geehrter Herr Professor!
Gelegentlich meiner freidenkerischen und darwinistischen Vorträge ist mir von theologischer Seite schon öfters in der Diskussion der Einwurf entgegengeschleudert worden, daß Professor Haeckel durch Verwendung ein und desselben Clichés für zwei Embryodarstellungen eine Fälschung begangen habe. Ich habe stets nach bestem Wissen und Können diese Einwürfe zurückgewiesen, indem ich sagte, daß ein vorgekommener Irrtum an den Tatsachen der embryonalen Entwicklung nichts „fälschen“ könne. Es wird jedoch mit jedem Tage diese Beschuldigung gegen Sie in dreisterer Weise erhoben. So ging mir letzter Tage zum Abdruck in meiner Wochenschrift „Der Atheist“ ein Bericht aus Schweinfurt zu, woselbst ein Dr. Brass aus Godesberg wiederum gegen Sie gelegentlich eines Vortrages den Vorwurf „grober Fälscher“ erhob. Ich möchte nun bei Abdruck dieses polemischen Berichtes möglichst eingehend die Verleumdungen der Gegner zurückweisen, was bei der starken Verbreitung des „Atheist“ (jetzt 5000 Leser) sehr wertvoll wäre. Deshalb gestatte ich mir an Sie die höfliche Bitte, mir eine – wenn auch nur kurze – Darlegung des Sachverhalts zukommen lassen zu wollen.
Mit vorzüglicher Hochachtung!
K. Beisswanger.
VERLAG
DES „ATHEIST“.
a gestr.: ADAMSTR. 23., eingef.: Tucherstr. 36