Käthe Besser an Ernst Haeckel, Bonn-Poppelsdorf, 17. Juli 1899
17. July 99. Bonn-Poppelsdorf.
Verehrtester Herr Professor,
Gern hätte ich Ihnen schon eher einen Gruß nach Ihren letzten lieben Zeilen gesendet, aber aus Rücksicht verschonte ich Sie mit meiner melancholischen Stimmung. Etwas Gutes zeitigt solch Flügel hängen lassen gewiß nicht, und ich gehe auch eisern durch fortwährendes Schaffen und Arbeiten dagegen an. Aber dann kommt die lange Nacht mit der entsetzlichen || Schlaflosigkeit und man wird doppelt von Allem womit man kämpft und woran man trägt, gequält. –
Das Leben ist halt eine harte Nuß und lohnts der Frau wahrlich nicht sich die Zähne daran auszubeißen.
– Hoffentlich geht es Ihnen mit Ihrer Gesundheit gut und hat sich Ihre Frau Gemahlin wieder erholt. Ich vermuthe, daß Ihre Damen bereits in der Sommerfrische sind. In Kürze werden auch Sie hochverehrter Herr Professor, die Koffer herbei holen lassen und an das berühmte Einpacken || gehen. Mein Mann hatte die Idee mich mit meiner bleichsüchtigen Lotte nach Norderney zu schicken, unser Hausarzt will jedoch für uns Beide nichts davon wissen. Und ich liebe auch die Berge viel mehr. Muß unbedingt vor der Winterkampagne mal andre Eindrücke haben. Schreiben Sie mir doch wenn Ihr Reiseplan ganz fest ist einige Worte, hochverehrter Freund. Vielleicht könnte ich mich für einige Tage Ihnen anschließen, nur große Steige-Touren || dürfte mein cor wohl kaum leisten. Ich fürchte Ihrer Jünglingsgleichen Leistungsfähigkeit gegenüber, werde ich am Ende ein unerwünschter Reise-Ballast sein! Vielleicht wärs auch nicht so schlimm! Freilich, mein Barometer muß dann eine ordentliche Kurve nach oben machen und mein mir früher so oft nachgerühmter Humor aus seinem Dornröschenschlaf erwachen. Sie werden nachsichtig mit meinen trivialen Zeilen sein, denen Sie den Gehirnschwund schon anmerken können. Vielleicht finden Sie auch etwas von meinem Pessimismus. Sein Sie tausend Mal von Herzen gegrüßt. In treuster Verehrung
Ihre ergebene
Käthe Besser