Besser, Käthe

Käthe Besser an Ernst Haeckel, Bonn-Poppelsdorf, 25. Januar 1899

Verehrtester Herr Professor,

Warmen Dank für Ihre Zeilen, von denen für mein cor ein wohlthätiges Fluidum auszugehen scheint das heilend wirkt, denn ich befinde mich besser. Nur machte michs tief traurig Sie von Ihrem Tode sprechen zu hören! Freilich dürfen Sie nicht mehr oft mit solch fabelhaftem Hochdruck arbeiten wie jetzt, wo Sie bald Ihrem Ruhmeskranz wieder ein großes leuchtendes Blatt hinzufügen werden. Ich denke mir das Buch wird riesigen Erfolg erleben! Aber auf ein besonderes herrliches Ausruhen und Genießen nach solchem Schaffen sollten Sie sich freuen!

Heute nur diesen kurzen Dankesgruß, da ich morgen Donnerstag früh, nach Berlin fahre und an Ihrer Lieblingsbeschäftigung – am Packen – bin. Vielleicht bin ich so frei Ihnen von dort – ich bleibe ca. 14 Tage, mal ein Lebenszeichen zu geben, und Ihnen zu || sagen, ob mich die wachen Kollegen für heilbar erklären. Ich glaube, daß der eine Punkt nie mehr intakt wird, da ich mich nicht zum Stein der Weisen, einer ruhigen Philosophie, hinaufschwingen kann. Für heute Adio, hochverehrter Professor. Sollte ich Ihrem Darling Virchow begegnen, werd‘ ich einen besonderen Gruß ausrichten. Mir ist sein gelbes, trockenes Pergament-Gesicht höchst unsympathisch. Die „Eitelkeit“ in höchster Potenz ist zu deutlich ausgeprägt! Und seitdem er unter die Anthropologen gegangen, hat er doch garnichts mehr geleistet. Er sollte besser unter die Anthropophagen gegangen sein, die würden sich an ihm den Magen nicht verdorben haben. Adio, für heute! –

Stets

Ihre treu ergebene

Käthe Besser

Bonn-Poppelsdorf 25.I.99.

 

Letter metadata

Recipient
Dating
25.01.1899
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 7545
ID
7545