Clothilde Benedikt an Ernst Haeckel, [Wien], 9. März 1908
Verehrter Meister
di color che penso
Ihr heutiges Schreiben hat meinem Vater und mir die groeßte Freude bereitet, weil wir dadurch von Ihrer vollständig guten Gesundheit uberzeugt sind. Leider war es insofern unverdient als nicht Papa der Gratulant war, sondern, wie ich auf telefonische Anfrage bei unserem || lieben Bekannten, Dr Oscar Hein erfuhr, Dr Benedikt, der Sohn des Chefredacteurs der N. Freien Presse; ich habe also den Brief sofort blutenden Herzens wegen des kostbaren Autogramms, aber in Ehrlichkeit an diesen spedirt. Unsere Theilnahme war aber nicht geringer, nur haetten wir es für unbescheiden gehalten, uns in den Kreis der Glückwünschenden zu mischen, aber Samstag || war ich bei unserer Freundin delle Grazie, und da war zwischen uns von nicht viel anderem die Rede als von diesem Wurf. –
Nun nahe ich aber, verehrter Herr, mit einer großen Bitte. Professor Laurenz Müllner feiert am 29. Juli 1908 seinen 60. Geburtstag, und es hat sich ein engster Kreis von Verehrern und Freunden gebildet, 20–25 an der Zahl, die dem theueren Mann, mit einer von Meister Schwertner, einem unserer besten Medailleur, || verfertigten Portraitmedaille eine kleine Freude bereiten wollen. Nun übernimmt besagter Meister die Arbeit nur, wenn, hier die Bestellung von 60 Medaillen, à 25 Kronen das Stück, gesichert ist. Würden Herr Geheimrat uns die Ehre erweisen, sich dieser Zahl anzuschließen? Eine Antwort ist bis 20. Maerz an med. Dr. Schweinburg, VI Koenigsklostergasse 7, Wien zu richten, da der Termin für die künstlerische Arbeit ein sehr kurzer ist. Wir hoffen auf eine Gewaehrung unserer Bitte, bitte aber strengste Discretion gegen Professor || und Eugenie. – Die Namen der Stifter werden auf einer Adresse verewigt, dem Jubilar am Geburtstag übergeben werden, wir wollen über einen sehr engen Kreis nicht hinausgehen.
Mir wurde die ehrenvolle Aufgabe zu Theil, an Herrn Geheimrat heranzutreten.
In alter Verehrung
Clothilde Benedikt
(Tochter von Professor Benedikt)
9/3 1908