Greeff, Richard

Richard Greeff an Ernst Haeckel, Bonn, 20. Oktober 1866

Bonn den 20. October 66

Abends 7 Uhr.

Lieber Freund!

Endlich wieder frischer Wind für meine in den letzten Tagen fast lahm gelegten Hoffnungen; ich freue mich herzlichst über die so außerordentlich günstigen Nachrichten ihres heute Morgen erhaltenen Briefes und stimme in jeder Weise Ihrem Plane bei. Wenn Sie es für nöthig oder wünschenswerth halten vor meiner Ankunft Plätze zu belegen, so haben Sie ja schon mündlich Vollmacht für alle derartigena Dispositionen, die ich Ihnen hiermit wiederhole. Ich gedenke nun am kommenden Mittwoch oder Donnerstag (24 od. 25ten) von hier abzureisen, so daß ich doch noch volle 8 Tage vor der Abfahrt des Schiffes in London bin und ich hoffe, daß wir uns dann zusammen noch etwas umsehen können. Ehe heute Morgen Ihr Brief anlangte hatte ich die Absicht Ihnen ebenfalls von hier eine telegraphische Meldung zu machen, die || mir gestern von Verwandten mitgetheilt wurde, nämlich daß am 24ten d. M. ein Steamer von Liverpool nach Lissabon geht und von da ab alle 14 Tage. Der Preis ist ebenfalls bis b Lissabon nur 8 lb 8 Sh. und wir hätten dann am 15ten November mit demselben Schiffe, mit dem wir nun auch wohl von Lissabon fahren werden, nach Madeira dampfen können. Indessen würden wir dann zu einem längeren Aufenthalt in Lissabon genöthigt sein und möglicherweise noch eine zweite Quarantaine in Madeira abzuhalten haben. Jedenfalls scheint die von Ihnen mitgetheilte Gelegenheit viel einfacher und sicherer und möchte ich derselben unter allen Umständen den Vorzug geben.

Ihrer Tante habe ich natürlich heute Morgen sofort Mittheilung von Ihren Nachrichten gemacht und ihr persönlich Ihr Briefchen übergeben. Sie nehmen dort alle herzlichen Antheil an unserer Expedition; weniger angenehm ist mir dasc jetzt täglich hier in Bonn || sich weiter ausdehnende Bekanntwerden derselben. Jeder glaubt mich mit seinem unverhohlenen Erstaunen beglücken zu müssen oder sieht mich auch wohl mit bedenklichen Blicken an, denn nach Madeira gehen heißt hier eigentlich so viel wie auf dem letzten Loch pfeifen; es ist mir deßhalb, da ich außerdem doch keine Ruhe zur Arbeit mehr habe, lieb wenn ich möglichst bald abreisen kann. Vielleicht melde ich Ihnen vorher noch kurz das Nähere resp. die wahrscheinliche Zeit meiner Ankunft dort, wenn ich mich früh genug darüber bestimmen kann. Ihre Frau Tante hat mir so eben einen Brief zur Einlage zugeschickt, der mit folgt. Sie sprach heute Morgen davon, daß Sie d Geld zurückgelassen hätten, das ich Ihnen mitbringen sollte. Da Siee in Ihren Briefen nichts darüber bestimmen, so werde ich es uneingewechselt mitbringen wenn Sie nicht wieder darüber || schreiben. Indessen wird Ihre Tante wohl schon das Nähere darüber mitgetheilt haben. Ich meinentheils gedenke sämmtliches Geld hier oder in Cöln in Gold (lb) umsetzen zu lassen. Sollten Sie indessen in Erfahrung bringen, daß man dort günstiger d. h. mit weniger Verlust wechseln kann, was mir freilich unwahrscheinlich ist, so bitte ich es umgehend noch mit ein paar Worten zu schreiben. Ich werde jedenfalls mit dem Wechseln bis zum letzten Tage meines Hierseins warten.

Und nun Adieu liebster Freund und auf hoffentlich baldiges fröhliches Wiedersehen, und dann hinaus in die weite Welt ob mit oder ohne – Seekrankheit – Poseidon der Gewaltige möge gnädigf sein auf mich Schwachen herabschauen, keinenfalls aber wird er meinen Muth brechen wenn er meinen armen Stomachus auch zum Erbrechen bringt.

Die herzlichsten Grüße von meiner Frau und mir.

Ihr treuer Afrikareisender

Richard Greeff

a korr. aus: derartige; b gestr.: Liverp.; c korr. aus: die; d gestr.: ihr; e eingef.: Sie; f eingef.: gnädig

 

Letter metadata

Recipient
Dating
20.10.1866
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 53
ID
53