Missiv des Dekans der philosophischen Fakultät, Ernst Haeckel, Jena, 11. Oktober 1871
Senior venerande!
Assessores gravissimi!
Herr August Schlundt, geb. 1846, Candidat des höheren Schulamtes und Gymnasiallehrer in Schleusingen, bewirbt sich um die Promotion in absentia. Er hat 4 Jahre in Leipzig und Berlin Mathematik studirt und dann in der Staatsprüfung pro facultate docendi ein Zeugniß zweiten Grades erhalten, mit der Befähigung, Mathematik und Physik durch alle Klassen eines Gymnasiums und einer Realschule zu lehren. Die übrigen Bedingungen sind erfüllt. Die eingereichte Abhandlung: „Einiges über die Bewegung eines Punktes, welcher mit der Kraft k/r4 von einem festen Centrum angezogen wird und eine nicht nach diesem Centrum gerichtete Anfangsgeschwindigkeit erhalten hat“ ˗ ersuche ich Herrn Collegen Snell zu beurtheilen.
Hochachtungsvoll
Haeckel
d. Z. Decan
Jena den 11. October 1871
Decane maxime spectabilis,
Die ziemlich ungenießbare Darstellungsweise des Verfassers, welche ohne alles verbindende Räsonnement sich in einen unendlichen Formelwust bewegt, läßt zwar schließen, daß der Verfasser ein schlechter Lehrer ist, der seinen Schülern (und auch seinen Lesern) das Leben sauer genug macht, aber die Abhandlung, welche von der im umgekehrten biquadratischen Verhältniß der Entfernung wirkenden Centralbewegung handelt, führt denjenigen Theil der Untersuchung, welchen sie sich speciell zur Aufgabe setzt, vollständig und genügend zu Ende, und ich trage kein Bedenken, die Abhandlung für druckwürdig zu erklären. Ich bitte den Herrn Decan, dem Candidaten zu sagen, daß er in den Titel statt: „Einiges über die Bewegung eines Punktes“ etc. nur kurzweg: „Ueber die Bewegung eines Punktes“ etc. schreiben soll. Dieser veränderte Titel schließt ja auch nicht eine vollständige und allseitig erschöpfende Behandlung dieser Art der Centralbewegung nothwendig in sich.
Snell
Für die PromotionStickel
- Nipperdey
- E. E. Schmid
- K. Fischer
- A. Schmidt
- Hildebrand
- A. Geuther
- C. Bursian
Zurück 17. Oct.
Beschl. Promoveatur!
Hkl.