Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Ernst Schweninger, Jena, 31. Oktober 1906

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

Jena 31. Octb. 1906.

Hochgeehrter Herr Geheimerat!

Für die freundliche und eingehende Beantwortung meiner Fragen sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank! Das sachkundige Urteil, das Sie über das Nervenleiden von Frl. M. Holgers mir mitheilen, stimmt ganz zu den Vorstellungen, die ich mir selbst auf Grund meiner ungenügenden Kenntnisse gebildet hatte. Ihre günstige Prognose hat mich aber sehr erfreut und ich hoffe, sie wird auch Ihre Patientin beruhigen, der ich die Befolgung der von Ihnen vorgeschlagenen Therapie dringend empfehlen werde. ||

Es macht mir eine Freude, Ihnen beifolgend meine letzten Schriften (Welträthsel, Lebenswunder und Berliner Vorträge) zuzusenden. − Sehr erfreut hat mich in Ihrem geschätzten Schreiben, daß auch Sie die herrlichen „Bismarck-Tage“ in Jena in so guter Erinnerung behalten haben; für uns hier bleiben sie unschätzbar. Die Rückblicke auf die glänzendste Periode des deutschen Volkes (1866–1890), die wir dem Genius von „Otto dem Einzigen“ verdanken, sind doppelt wertvoll in der traurigen Gegenwart, wo die politische und geistige Reaction das deutsche Volk immer tiefer sinken läßt. Tönende Phrasen und scheinheilige Gebete, Uniformen, Paraden etc. sind Hauptsache! * ------ Mit freundlichen Grüßen und wiederholtem herzlichen Danke

Ihr ergebenster

Ernst Haeckel.

* Jena 1806 und 1906!

 

Letter metadata

Recipient
Dating
31.10.1906
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
Bundesarchiv Berlin
Signature
N 2281/54: Haeckel, Ernst, Bl. 22r-23v
ID
43252