Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Hans Bluntschi, Jena, 23. Juni 1911

Jena 23.6.1911.

Sehr geehrter Herr Doktor!

Zu Ihrer bevorstehenden Forschungsreise nach Nord-Brasilien, und zur Erreichung Ihres hochinteressanten Hauptzweckes, Sammlung von reichem Material für eine vergleichende Morphologie und Ontogenie der Platyrrhinen, statte ich Ihnen meine aufrichtigen Glückwünsche ab.

Die Maaßangaben von Gegenbaur sind – soweit ich mich erinnern kann, – stets in Pariser Fuß, Zoll und Linien gemeint, nicht in Rheinischen.

Mit freundlichem Gruße (auch an Herrn Professor Ruge)

hochachtungsvoll

Ihr ergebener

Ernst Haeckel. ||

[beigef.: gedrucktes Rundschreiben vom 18. Mai 1911]

Aus Anlaß des schweren Unfalls, der mich am 20. April d. J. betroffen hat und der einen Bruch im linken Hüftgelenk zur Folge hatte, sind mir überaus zahlreiche Kundgebungen herzlicher Teilnahme zugegangen. Da ich außer Stande bin, allen einzelnen Freunden und Gesinnungsgenossen meinen aufrichtigen Dank schriftlich auszusprechen, bitte ich ihn in diesen Zeilen entgegen nehmen zu wollen.

Um vielen Anfragen nach meinen jetzigen Befinden und zukünftigen Aussichten zu genügen, füge ich noch die Mitteilung hinzu, daß die Fractur des Oberschenkelhalses (innerhalb der Gelenkkapsel) relativ günstig verlaufen ist, da beide Bruchflächen fest ineinander gekeilt sind. Indessen wird die langwierige und schmerzhafte Heilung (im 78sten Lebensjahre) immerhin sehr langsam verlaufen und eine dauernde Verkürzung des Beines hinterlassen. Mehrere Monate werde ich noch an das Zimmer gefesselt sein. Besonders bedaure ich, daß dadurch mein Arbeitsplan dieses Jahres, die Einrichtung des Phyletischen Archivs und die Niederschrift meiner Lebenserinnerungen, auf unbestimmte Zeit verschoben ist.

ERNST HAECKEL.

JENA, 18. Mai 1911.

 

Letter metadata

Recipient
Dating
23.06.1911
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung
Signature
FA Bluntschli 112.28
ID
42969