Max und Maria Hübner an Ernst Haeckel, Breslau, 14. Februar 1909
Breslau, den 14. Februar 1909.
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Noch umrauscht Ihre Ehrentage der Jubel der Liebe alter und junger Herzen und erweckt in Ihnen zu neuem Leben, was als Erscheinung längst vorüberzog. Weckt Stunden heiligen Schöpferglückes und Stunden heiligen Schöpferleides. Beides können wir andern nur ganz von fern nur ahnen; doch schon die Ahnung läßt unsere Seelen mit erleben. ||
Und nun soll die Liebe, die rauschende, still werden und nicht mit lauten Tönen die Weihestunden stören, in denen Ihr Genius Sie nun allein haben will. Aber Sie wird weiter zu Ihnen reden in allem, was freundlich an Ihre Seele rührt. Die Natur, die Ihnen alles war und ist, wird auch die Sprache finden, die Ihnen herzlicher als Menschenworte sagt, wie tief Ihr Bild in die Seele der Menschheit eingesenkt ist.
Sie wird auch verstehen und annehmen und in Segen und frohe Stunden für Ihr Leben wandeln unsern Dank für jede Stunde, jeden Tag, jedes Jahr, darin sie unsern lieben, || verehrten jungen Meister im weißen Haar uns jung bleiben läßt.
Und leise gibt sich’s weiter von Herz zu Herzen und laut wird’s endlich bei allen, die Sie weckten: „er bleibt ja immer jung“!
Immer in die Sonne ragt sein Haupt und immer hoch und stolz bleibt seine leuchtende Gestalt. Und wer ihn erkennen will, muß immer aufwärts schauen!
Dank der verehrten Gestalt für das Glück besseren Erkennens, das sie gab, Dank auch für das Leid, das daraus erwuchs und erwächst. Das jeden Tag in || Unsicherheit, Zweifeln und Irren durch die Seele geht und überwunden werden will. Und gelingt es einmal, so fühlen wir sicher, daß es gut ist und daß wir dem Dank schulden, der es in uns geweckt, daß es nun nicht mehr sterben kann.
Möchte Ihr Genius auch denen freundlich vorwärts helfen, die gern die Ihren sein möchten.
In herzlicher Verehrung
Max und Marie Hübner.