Ernst Haeckel an Ernst Reimer, Jena, 30. Januar 1873
Jena 30 Jan 73
Lieber Ernst!
Der Druck oder vielmehr der Satz der IV. Aufl. der Schöpfungsgeschichte hat begonnen. Hoffentlich wird auch das Papier bald eintreffen. Zwei Vorträge (17., 18.) habe ich ganz umgearbeitet. Sonst ist meistens nur im Einzelnen verbessert. Vor meiner Abreise (am 1. März) möchte ich gerne noch die Tafeln in Ordnung bringen, damit sie im März und April gedruckt werden können.
Ich bedarf eine neue Tafel, welche Copien aus den Kalkschwämmen enthält und das Titelblatt für die neue Auflage bilden soll. Da Ihr einen guten Kupferstecher doch noch nicht aufgetrieben habt, wird es am besten sein sie zu lithographiren. ||
Wenn Ihr einverstanden seid, will ich diese Tafel hier von Giltsch machen lassen, der dieselben Figuren für die Monographie der Kalkschwämme ganz gut alithographirt hatte. Unverändert werden für die IV. Aufl. die 15. Tafeln der III. Aufl. gedruckt, mit Ausnahme von Tafel V. Diese habe ich so verbessert, daß sie neu gemacht werden muß. Soll ich sie hier ebenfalls bei Giltsch machen lassen? Tafel V und XV stehen noch bei Giltsch auf den beiden Steinen, die Ihr gekauft habt.
Sind die beiden Kupfertafeln der Embryonen (II und III) noch gut für die neue Auflage? Sonst könnte sie Giltsch hier ebenfalls lithographiren. Halten Sie noch 2500 Abdrücke aus?
Wollt Ihr die beiden Affen-Tafeln der IV. Aufl. wieder beigeben? ||
Daß Ihr so viel Noth mit Eurer kleinen Grety habt, thut uns recht Leid! Hoffentlich hören wir bald Besseres! Bei uns ist auch seit 14 Tagen Lazareth. Unsere kleine Lisbeth hat ein Darmleiden, welches uns dadurch recht beunruhigt, daß der eigentliche Sitz und Grund des Übels nicht herauszubringen ist. Theodor Stark, der sie behandelt, weiß auch Nichts! Die Nächte hindurch ist sie sehr unruhig, so daß meine arme Agnes fast gar nicht schläft und recht herunter kömmt. Auch die Mutter Emma ist gar nicht wohl! Überall Noth!
Morgen Mittag ist das Brautpaar bei uns. Heute kommt meine Mutter auf einige Wochen zum Besuch.
Herzlichste Grüße und den Kindern gute Besserung!
Dein treuer Schwager
Ernst Haeckel
a gestr. gezeichnet